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Zunächst eine Aufforderung an alle Herzkranken, Papiertütenphobiker und Pfarrsöhne: Bitte gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen. Nachfolgend geht es nämlich um MAD Virtual Reality Studios` Horror-Adventure ARAYA, das am 24. November veröffentlicht wurde und in keiner Verbindung zum Frontmann der Thrash-Metal-Legende Slayer steht. Dafür ist es aber mindestens genauso böse.
„Virtual Reality?“
… , stockte gerade die allgemeine Mehrheit der VR-Brillen-Nicht-Besitzer. Die Antwort ist jein: Für ein paar zusätzliche Herzstolperer empfehlen die Jungs und Mädels von MAD zwar Oculus Rift. ARAYA ist jedoch kein speziell für die virtuelle Realität entwickeltes Spiel. Im und fern des Oculus-Modus steuern wir den (jeweiligen) Protagonisten wie gewohnt per Tastatur und Maus – auch das Gameplay erfuhr keine merklichen Einschränkungen zugunsten immersions-steigernder Guckgläser.
Kommt ein Rollstuhl geflogen …
Gleich beim Anblick des Startbildschirms von ARAYA wird klar, dass wir es hier mit einem Spiel aus Südost-Asien zu tun haben. In Sachen verfügbare Sprachen repräsentativ, heißt uns das Eingangsschild eines bedrohlich wirkenden Thai-Krankenhauses zweisprachig (auf Thai und auf Englisch) willkommen. Diese Tatsache verhindert auch gleich das große Gähnen, denn grundsätzlich locken Rollstuhlversammlungen in schmutzig-finsteren Krankenhauskorridoren wohl niemanden mehr hinter dem Ofen hervor. Aber asiatische Rollstühle rollen nun mal anders, und zwar gleich mit dem ersten Mausklick.
Dieser befördert uns nämlich unvermittelter Dinge in ein in Nachtdunkel gehülltes Krankenzimmer. In der First-Person-Perspektive fragen wir uns: WER sind wir, WO sind wir, und, was noch viel wichtiger ist, WARUM sind wir hier? Ein auf dem Tisch hinterlegter Zettel gibt keine Antworten. Ebenso wenig erhellt uns das auf dem Fensterbrett liegende Amulett. Erst das Betreten des Badezimmers liefert eine Antwort – und zwar darauf, ob unser Leben in Gefahr sein könnte. Ja, das ist es, denn in diesem (zumindest von Menschen) verlassenen Krankenhaus steppt ganz offensichtlich der paranormale Bär.
Es folgt ein wahres Feuerwerk an übernatürlichen Ereignissen. „Großer Gott“, könnte man denken: „Verschießt ihr euer Pulver denn gleich zu Anfang?“ Tatsächlich zieht MAD in den ersten Minuten fast alle Register der Horror-Künste. Rollstühle fliegen durch die Luft, ein Ball lacht „Falscher Alarm“ und eine ultra-fiese, weibliche Geisterscheinung beschert uns eine neue persönliche Bestzeit im 100-Meter-Lauf. Doch es nützt alles nichts – auf dem Boden liegend erwarten wir keuchend unser Ende, als plötzlich … der Prolog endet.
Marisa, Rama und Boon
Zum Glück wussten die Entwickler, wann genau man die Notbremse zu ziehen hat. Das eigentliche Spiel startet mit der Ex-College-Studentin Marisa, einer Freundin der vermissten und wahrscheinlich ermordeten Araya. Umso erstaunlicher, dass Marisa eine SMS von der Totgeglaubten erhält: Sie halte sich derzeit im örtlichen Krankenhaus auf. Wie wir in der Rolle von Marisa erfahren werden, stimmt das auch, allerdings scheint mit Araya irgendetwas nicht in Ordnung zu sein. Völlig apathisch „führt“ sie uns tiefer und tiefer in das unheimliche Krankenhaus, das mit jedem Kapitel neue Fragen aufwirft.
MAD setzt dabei auf ein Story-Puzzle, das sich mit der Zeit und über drei Protagonisten zusammenfügt. Jeder von ihnen betritt das Krankenhaus aus einem anderen Grund: Rama ist der Wächter des abgeriegelten Komplexes und macht seine Runden mit der Stabtaschenlampe. Boon ist ein klischeehafter Single-Nerd, der die Mitglieder „seiner“ Gang mit ein paar Fotos vom Innenleben des Spuk-Krankenhauses beeindrucken will. Oder soll. Sehr zeitgemäß bringt er – wie auch Marisa – mit dem Smartphone Licht in das reichlich vorhandene Dunkel.
Fast erwartungsgemäß hält sich die Wehrhaftigkeit aller Spieler-Charaktere in Grenzen. Denn Taschenlampen, Handys oder auch 9mm-Geschosse sind im Kampf gegen Geister nun mal eher ungeeignet. Umso mehr sind wir also auf unsere Füße und auf unsere hoffentlich flinken Finger angewiesen. Einer Flucht stellt sich hier nämlich alles entgegen, was ein Krankenhaus naturgemäß zu bieten hat: widerspenstige Türen, ausrangiertes Mobiliar, medizinisches Gerät und natürlich jede Menge Rollstühle. Immerhin funktionieren die Fahrstühle noch – sofern der jeweilige Bereich mit Energie versorgt ist.
Technikschwächen und Retroism
Ganz grundsätzlich schlägt ARAYA in die Outlast– bzw. Amnesia-Kerbe, wo es inhaltlich eine recht gute Figur macht. Technisch hingegen bleibt der Asia-Schocker deutlich hinter der Konkurrenz zurück, denn teilweise scheint die Zeit in den MAD Studios vor zehn oder mehr Jahren stehengeblieben zu sein. Während die Grafikeffekte allgemein up-to-date sind, quält uns das Thai-Krankenhaus mancherorts mit unglaublich hässlichen Low-Res-Texturen. Beispielsweise lässt ein Blick auf das Stationstelefon unweigerlich an die Ära Deus Ex (2000) zurückdenken. Dazu gesellen sich reichlich ungelenke Animationen bei allen im Spiel enthaltenden Charakteren.
Aber das können wir weitgehend verzeihen. Den Spielspaß trüben eher Technik-Macken und zahlreiche Bugs, die angesichts der durchaus vorhandenen Entwickleraktivität jedoch noch beseitigt werden dürften. Besonders störend sind die beim Umsehen öfters auftretenden Kamerasprünge (aus einer 45-Grad-Wende mach 180 Grad) sowie gelegentliches Objektflackern. Kleinere Punkte der To-Do-Liste umfassen den ungewollten Blick hinter verschlossene Türen.
Fazit
ARAYA richtet sich klar an Asia-Horrorfans, die diesen Titel auf alle Fälle einmal anspielen sollten. Hier offenbart sich dann auch die gute Seite von MAD Virtual Realitys „Retroism“, denn die freundlichen Thailänder bieten auf Steam eine Demo ihres Spiels an. Vom Gameplay her sollte man nicht allzu viel erwarten – im Kern handelt es sich um ein Adventure mit Action-Sequenzen, die von erstklassigen Soundkulissen vorangepeitscht werden. Wie so viele Horrorgeschichten aus dem asiatischen Raum verknotet auch die Story von ARAYA ab und an unsere Hirnwindungen. Aber ist das nicht genau das, was wir an Asia-Horror so lieben?