Nachdem im März 2016 bereits ein Bericht von Kotaku Aufsehen um ein Gerichtsverfahren gegen ARK-Entwickler Studio Wildcard erregte, wurde im April eine Einigung zwischen den Parteien erzielt. Veröffentlichte Gerichtsakten geben jetzt Einsicht in das vollständige Verfahren und Aufschluss darüber, wie knapp ARK: Survival Evolved an seinem Aus vorbeigeschrammt ist – und damit in Dark and Light einen „Konkurrenten“ erschuf.
Wer ist Jeremy Stieglitz?
Jeremy Stieglitz ist seines Zeichens Lead Designer, Lead Programmer & Co-Creative Director von ARK: Survival Evolved, Co-Founder von Studio Wildcard und Schöpfer von Dungeon Defenders 1. Wichtig ist die letzte Erwähnung: Vor seiner Tätigkeit für Studio Wildcard arbeitete Stieglitz bis 2014 bei Trendy Entertainment an besagtem Titel. Dort sorgte er bereits 2013 für Furore, nachdem sich Mitarbeiter mit Beschwerden über die dortigen Arbeitsbedingungen unter ihm an das Newsportal Kotaku wandten. In den Folgen dieser Aufregung wurde er zunächst in ein anderes Projekt versetzt.
Ein halbes Jahr später wandte er sich in einem Schreiben an seinen Arbeitgeber und verlangte entweder die Entlassung mehrerer Mitarbeiter oder einen für ihn angemessenen Austritt aus dem Unternehmen. Hierbei legte er seinen Fokus auf eine Verringerung der Non-Compete-Regelung, die ihm für einen bestimmten Zeitraum untersagt, für Konkurrenzunternehmen zu arbeiten oder Mitarbeiter von Trendy abzuwerben. Er erwirkte eine Verringerung dieser Regelung von drei Jahren auf nur eines, geltend ab August 2014.
Klage gegen Studio Wildcard
Doch nur Tage nach seinem Austritt erhielt Stieglitz eine Warnung von seinem Unternehmen mit der Unterstellung, er würde Mitarbeiter für die Gründung eines neuen Unternehmens abwerben. Diese Unternehmensgründung folgte im Oktober 2014 mit Studio Wildcard, wo er sich jedoch nicht als Manager eintragen ließ. Dies übernahmen Jessie Rapczak, Douglas Kennedy und seine Frau Susan Stieglitz, die hier aber ihren Mädchennamen „Browning“ verwendete – zur Täuschung, so wird in der späteren Anklageschrift unterstellt. Unbemerkt soll Jeremy Stieglitz mit seiner Arbeit für Studio Wildcard gegen seine geltende Non-Compete verstoßen und Mitarbeiter abgeworben haben, die in den folgenden Monaten von Trendy Entertainment zu Studio Wildcard wechselten.
Im Juni 2015 wurde ARK: Survival Evolved auf Steam veröffentlicht und verkaufte sich millionenfach. In darauf folgenden Wochen häuften sich die Gerüchte um Stieglitz‘ Mitarbeit an dem Projekt – im Juli erhielt Stieglitz eine letzte Warnung der Anwälte von Trendy Entertainment. Am 18. Dezember 2015 folgte die offizielle Klage gegen Stieglitz und Studio Wildcard wegen Verletzung der Non-Compete-Regelung. Im März schloss sich Insight Venture Management – das Unternehmen, dem Trendy Entertainment angehört – der Klage an. Am 13. April 2016 wurde eine außergerichtliche Einigung erzielt, bei der Gerüchten zufolge 40 Millionen Dollar an die Kläger gezahlt wurden. Doch wie konnte Studio Wildcard sich diesen Betrag leisten?
Der chinesische Take-Over
In den USA sitzt mit Snail Games der Ableger des gewaltigen chinesischen Spieleunternehmens Suzhou Snail Digital Technology. Deren Präsident Jim S. Tsai gründete im September 2015 – während sich die Klage gegen die ARK-Entwickler bereits anbahnte – das Unternehmen „Snail Ark Inc“. Keine drei Monate später wurde dieses Unternehmen in Studio Wildcard integriert. Alle drei der ernannten Manager von Snail ARK – einschließlich Tsai selber – wurden noch am selben Tag zu Managern von Wildcard ernannt – Susan Stieglitz gab ihre Position als Managerin ab. Der Knackpunkt: Diese Fusion ernannte ein Übergewicht an externen Managern – und geschah genau zwei Wochen vor der offiziellen Klage gegen Wildcard.
Simpel gesprochen: Snail Games hatte Studio Wildcard im letzten Moment eine Rettungsleine zugeworfen und sie in ihr Boot geholt. Mit dem starken Partner in der Hinterhand gelang Wildcard die Einigung auf eine Geldzahlung. Falls es sich hierbei wirklich um die geschätzten 40 Millionen gehandelt hat, erklärt sich an dieser Stelle auch, dass diese Zahlung nur durch die Unterstützung von Snail Games möglich war.
ARK Park und Dark and Light – Die Nachfahren von ARK
Doch zu welchem Preis wurde ARK: Survival Evolved gerettet? Fakt ist, dass zwei Manager und der frühere Vize-Präsident von Snail Games jetzt eingetragene Manager bei Wildcard sind. Sechs Monate nach der Fusion gab Snail Games die Produktion von Dark and Light bekannt, das in Features und Inhalten ARK: Survival Evolved äußerst ähnelt. Dazu arbeiten sie an einem VR-Ableger namens ARK Park.
Es ergibt sich folgendes Bild: Während sich das Gerichtsverfahren gegen Stieglitz und Studio Wildcard ankündigte, übernahmen Snail Games über eine Fusion mit einem frisch erstellten Unternehmen die Schirmherrschaft über Wildcard. Sie legten den Streit mit Insight Venture Management bei und erhielten Zugriff auf die Inhalte von ARK: Survival Evolved. Daraus ergaben sich in kürzester Zeit die neuen Projekte.
Vermutlich, um einen Imageschaden abzuwenden, gibt es hierzu keinen Kommentar von Wildcard oder Snail Games. So ist weiterhin von einer „Zusammenarbeit“ die Rede, doch kommen wir nicht um die Annahme herum, dass Wildcard ihre Marke an einen ausländischen Großkonzern verkaufen mussten, um den durch Stieglitz angerichteten Schaden abzuwenden.