Während sich der Trend im Survival-Genre zuletzt um weitläufige Sandbox Games und packende Battle Royale Matches dreht, scheinen doch immer wieder kleine Diamanten der Indie-Szene aus der Masse hervor. Bei Dead in Bermuda handelt es sich um ein Survival-Management-Spiel, das uns die Kontrolle über eine Gruppe Überlebenden auf einer einsamen Insel gibt: Doch trotz des klassischen Anfangs schaffte es dieser Titel in wenigen Stunden, uns an den Rand des Wahnsinns zu bringen.
Gestrandet im Nirgendwo
Dead in Bermuda beginnt wie grob gefasst jedes zweite Survivalgame: Wir befinden uns in einem Flugzeug, das aus ungeklärten Umständen über einer Insel abstürzt. Acht Überlebenden gelingt es sich zu retten, und so sitzen diese Personen nun zusammen auf einer Insel fest: Eine dreiköpfige russische Familie, ein bequemes Ehepaar, eine Ärztin, ein Prepper und der Betreiber einer Ferienanlage – eine ungleiche Gruppe mit Potenzial zu interessanten Beziehungen. Schnell entdecken sie, dass sie nicht allein auf dieser Insel sind, die von einer Mischung aus griechischer Mythologie und skurrilem Wahnsinn durchzogen ist.
Ein Tag im Spiel verläuft in drei Abschnitten: Morgens und nachmittags weisen wir den Überlebenden verschiedene Aufgaben zu, nachts versammelt sich die gesamte Gruppe ums Lagerfeuer, um zu reden und zu essen. Hier entfaltet Dead in Bermuda sein Potenzial, denn das nur dreiköpfige Entwicklerteam hat das Spiel außerordentlich komplex eingerichtet. Ganze 16 Talente müssen zwischen den Überlebenden verwaltet werden, die zusätzlich noch Einfluss aufeinander nehmen. Wir sammeln Nahrung und Ressourcen, craften, forschen und reparieren unsere bestehenden Einrichtungen. Nebenbei müssen wir auch noch die Insel erkunden, um irgendwann hoffentlich von ihr zu entkommen.
Dabei kämpfen wir nicht nur gegen die Kreaturen der Insel. Unsere schlimmsten Feinde sind Müdigkeit, Hunger, Krankheit, Verletzungen und Depression. Diese außergewöhnlich hohe Anzahl an negativen Statuswerten bringt uns im Management an unsere Grenzen. Ein Einblick:
Game Over – Das Kreuz mit der Schwierigkeit
Wir schicken unseren kräftigsten Russen zum Durchforsten des Flugzeugwracks. Er hat die höchsten Werte für das Sammeln von Objekten, diese Aufgabe ermüdet ihn jedoch und der Anblick der verbrannten Leichen erhöht seine Depression. Bereits geringstes Wachstum dieser negativen Werte verringert seine Leistungsfähigkeit beim Sammeln. Gerade zu Beginn ergeben sich dadurch Schwierigkeiten: Denn während wir Jagdutensilien noch erforschen und dann herstellen müssen, ist das Wrack für die ersten Tage unsere einzige Quelle für Nahrung. Heißt ein Tag mit schlechter Ausbeute bedeutet zu wenig Essen für die gesamte Gruppe, was wiederum ihre Leistung für die Zukunft verschlechtert. Diese Teufelsspirale wird uns im Game dauerhaft bedrohen – denn einmal abgesackt, gibt es kaum noch einen Weg nach oben.
Der Untergang kommt langsam: Ein negativer Statuswert muss zunächst 100 erreichen, bevor er den Tod eines Überlebenden herbeiführt. Das heißt tagelanges Dahinsiechen und verzweifeltes Ankämpfen, während die Leistung des Charakters nachlässt und somit auch seine Überlebenschancen sinken. Auf der positiven Seite repräsentiert dieser Prozess genau die Umstände im echten Leben, im Spiel jedoch raubt es schnell die Motivation. Ein weiterer Killer ist der Zufallsfaktor: Bei jedem Vorgang besteht eine zufällige Chance, dass beispielsweise nur einer oder vier Fische gefangen werden. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass entweder die halbe Gruppe oder nur eine Person ihr Abendessen erhalten.
Hier halten die Entwickler von CCCP mit der Gruppendynamik gegen. Zusätzlich zu den 16 Fertigkeiten, fünf Negativ-Stats und Zufalls-Spannen entwickeln sich im Spiel nämlich auch zufällig Beziehungen zwischen den Charakteren. Diese können wiederum von Hass bis Liebe tendieren und sorgen somit für bessere oder schlechtere Ergebnisse.
Herausforderung vs Frustration
Dead in Bermuda ist schon etwas besonderes. Es verknüpft unglaublich viele Elemente und stellt den Spieler vor zahllose Herausforderungen. Doch es ist undankbar: Zufallsgesteuerte Elemente fahren uns zusehends in die Parade und bestrafen uns trotz besten Willens. Gerade unser mangelnder Einfluss auf die sich verändernden Beziehungen entfremdet uns von den Charakteren, wenn diese sich trotz bester Ernährung plötzlich über die Nahrungsverteilung streiten. Eine gewisse Frustrationsresistenz ist also Voraussetzung, um an diesem Titel seinen Spaß zu finden.
Im höheren der zwei Schwierigkeitsgrade erlebten wir die wohl drei frustrierendsten Stunden in einem Game seit langem, bei unserem zweiten Anlauf im niedrigeren Schwierigkeitsgrad gelang es uns halbwegs leicht, das Spiel innerhalb von zehn Stunden zu durchleben. Hier war es jedoch gerade der Aspekt der Zeit, der uns zusetzte. Denn war einmal eine gelungene Aufgabenverteilung und Rotation innerhalb der Gruppe gefunden, streckten sich dennoch die Tage im langsamen Fortschritt. Innerhalb dieser dreizehn Spielstunden gab es nur wenige Momente, in denen wir uns für unsere Handlungen tatsächlich belohnt fühlten. So trat das Glück, die Insel zu verlassen, erst wirklich ein, als wir das Spiel für uns beendeten.
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