Das Open-World RPG GreedFall ist seit wenigen Tagen im Store erhältlich. Die Community und Fachpresse ist sich einig; trotz diverser Mängel ist der Titel ein Hit! Unser Autor Sascha hingegen, hat keinen Spaß damit.
Ich habe mich gefreut, als GreedFall am 10. September online ging. Endlich wieder ein solides RPG. Die ersten Reviews fielen gut aus und auch die Steamwertung von mittlerweile 80% kann sich sehen lassen. Nach etwa 8 Stunden muss ich jedoch sagen: Es macht mir einfach zu wenig Spaß! Und ich sage dir auch, warum.
Das ist GreedFall
Bevor ich dir jetzt verrate, wieso ich mit dem Titel vom Entwickler Spiders und Publisher Focus Home Interactive wenig Spaß habe, solltest du wissen, worum es im RPG geht.
Du begleitest mit deinem frei erstellbaren Charakter deinen Cousin auf seine Reise in die „Neue Welt“. Angesiedelt im 17. Jahrhundert entführt dich GreedFall auf eine geheimnisvolle Insel voller Magie, übernatürlichen Wesen, Krieg und Diplomatie.
Deine Aufgabe ist recht Simpel: Decke die Geheimnisse der Insel auf und finde eine Heilung gegen eine Krankheit, die dein Heimatland befallen hat. Dabei wirst du im Laufe des Spiels diversen Charakteren begegnen, die sich deiner Reise anschließen. Auch verschiedene Fraktionen befinden sich auf der Insel. Es liegt an dir, ob sie dir feindlich gesonnen sind oder du diplomatisches Fingerspitzengefühl beweisen kannst.
Erledige Quests und erreiche deine Ziele ganz wie du es willst: Diplomatie, Täuschung, Kampf oder Tücke. GreedFall lässt dir in vielerlei Hinsicht die Wahl, wie du vorgehen möchtest.
GreedFall macht mir einfach kaum Spaß
Auch wenn ich bisher nur etwa 8 Stunden mit dem „Open-World-Titel“ verbracht habe, verspüre ich wenig Lust, weiter zu machen. Das liegt nicht etwa an der Story oder am Gameplay, die sind recht solide, aber an vielen kleinen Dingen.
Auf die Quests gehe ich später ein. Bevor ich die Mängel aber aufzähle, möchte ich mich erst mal aufs Gameplay stürzen. Nachdem ich mich daran gewöhnt habe, dass es nicht möglich ist, zu springen, habe ich mich mit der Steuerung angefreundet. Die geht gut von der Hand und dank Pause-Funktion und Quick-Slots lassen sich Fähigkeiten und Items problemlos einsetzen.
Die Kämpfe als Nah- und Fernkämpfer sind sehr unterschiedlich und machen beide für sich echt Spaß. Ob ich einen Gegner jetzt viel Schaden mit meiner Hauptwaffe zufüge oder erst einmal seine Rüstung gemächlich kaputt kloppe, muss wohl überlegt sein. Auch das Ausweichen und Parieren ist wichtiger Bestandteil und nicht immer ganz so einfach. Das macht die Kämpfe aber auch Spannender. Das Ausrüsten meines Charakters und der Begleiter hat mir auch bisher gut gefallen. Ich bin stetig auf der Suche nach Loot – typisch RPG eben.
Auch das Skillsystem ist auf der einen Seite sehr Simpel gehalten, auf der anderen muss ich gut überlegen, welchen Weg ich einschlagen möchte. Je nachdem, was ich auswähle, eröffnen sich mir im Spiel verschiedene Möglichkeiten, Aufgaben und Hindernisse anzugehen. Hier verdient GreedFall meinen Lob!
Kommen wir aber jetzt zu den weniger schönen Dingen.
Ich bin keine Grafikhure! GreedFall ist zwar nicht das schönste Spiel, die Umgebungen sind aber sehr gut gelungen. Dennoch gefallen mir gewisse Dinge nicht. Allen voran die steifen Gesichtszüge aller Charaktere. Ich habe ständig das Gefühl, mit kaputten Puppen zu reden. Das stört die Immersion gewaltig.
Dabei stören mich die steifen Gesichter nicht mal annähernd so sehr, wie der Fakt, dass viele NPCs bis auf die Kleidung einfach gleich aussehen. Jetzt könnte man natürlich sagen: „In RPGs ist das doch aber Standard?“ – Ja schon. Zufällige NPCs, die in der Stadt herumlaufen und rein gar nichts mit dem Spieler zu tun haben, bestehen oftmals aus denselben Modellen. Aber in GreedFall gilt das leider auch für Quest-NPCs! Ob Side- oder Main-Quest, immer wieder sehe oder spreche ich mit Charakteren, die genauso aussehen, wie die NPCs aus der letzten Aufgabe. Alles Geschwister?
Auch die Architektur der verschiedenen Fraktion ist zwar wunderbar anzusehen, so lange ich mich draußen aufhalte. Gehe ich aber in ein Gebäude, sieht im Grunde alles gleich aus. Ja sogar die Paläste der drei Fraktionen haben haargenau denselben Aufbau. Auch die ganzen Familien-Porträts sind die gleichen – sind auch hier etwa alle miteinander verwandt?
Focus Home Interactive hätte wohl einfach ein wenig mehr Geld in die Produktion stecken müssen, um mehr Variationen erstellen zu lassen. Schade!
Open World? Wo denn? Kommen wir zum nächsten Punkt, der mich stört. Oftmals wird bei GreedFall von einer Open World gesprochen und auch Steam hat einen entsprechenden Tag hinzugefügt. Das stimmt jedoch nicht!
Die Spielwelt ist durch Lade-Sequenzen in verschiedene Areale aufgeteilt und auch die unterschiedlichen Gebiete sind nur Semi-Open-World. Oft treffe ich auf Stellen, die durch simple Blockaden versperrt sind. Mein Charakter könnte diese theoretisch einfach überspringen, aber das funktioniert nicht. Erst nach Abschluss einer Quest, komme ich weiter. Die Welt schwindelt die Offenheit nur vor und hat zum Teil einen linearen Aufbau.
Auch kleine Büsche oder Felsen sorgen dafür, dass gewisse Grenzen gesetzt werden. Wenn mein Charakter nicht einmal durch Mini-Sträucher durchlaufen kann, wie soll er dann bitte übernatürliche Monster besiegen?
Und ich rede hier nicht über die Vorgehensweisen, die GreedFall mir bietet, um an gewissen Stellen voranzukommen. Denn hier macht der Titel seinen Job gut. Immer wieder werden mir verschiedene Möglichkeiten gegeben, Hindernisse zu umgehen. Beispielsweise durch das Sprengen einer Wand. Dabei ist alles Skill gebunden. Ist mein Charakter zu schwach, kann ich keine hohen Wände hochklettern.
Coole Story, seltsame Quests: Mittlerweile bin ich an dem Punkt angekommen, nur noch die Main- sowie Begleiter-Quests zu machen. Denn die sind bisher echt gut. Die Story ist interessant geschrieben und die Begleiter könnten unterschiedlicher nicht sein.
Die Side-Quests jedoch sind teilweise seltsam. Das lässt sich schwer erklären, jedoch kam es in den 8 Stunden Spielzeit oft zu Situationen, wo ich mich gefragt habe, ob es ein Bug ist oder nicht. NPCs reagieren nicht immer so, wie sie es sollten und hin und wieder kommt es mir so vor, als ob der Kontext fehlt. So verschwinden ab und an einfach NPCs nach einer Gesprächs-Sequenz und meine Begleiter sagen mir, dass dieser weggelaufen sei und ich ihn verfolgen soll. Wenn ich dann in seinen Unterschlupf gehe, steht er da einfach herum – wow, spannende Verfolgung!
Mein Fazit!
Über diese ganzen Kleinigkeiten kann ich trotz schöner Spielwelt, interessanter Storyline und coolem Gameplay nicht hinwegsehen. Ich habe einfach die Lust verloren, GreedFall im aktuellen Zustand weiter zu zocken, und hoffe auf baldige Updates. Etwa 40 Stunden Spielzeit soll der Titel immerhin mit allen Side-Quests bieten.
Wer aber großer Fan von The Witcher 1, Dragon Age oder Gothic ist, wird solche Kleinigkeiten wie die hölzernen Gesichts-Animationen gekonnt ignorieren und schon jetzt seinen Spaß mit GreedFall haben. Ich für meinen Teil werde erst einmal abwarten.