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Ein Mordfall, ein verlassenes Dorf und die eisige Tundra Kanadas – gute Startelemente für ein Survival-Abenteuer erster Güte. Wir haben Parabole’s neuen Detektiv-Titel Kona gespielt und uns durch den Schnee gewühlt.
Eine gelungene Mischung?
Kona ist das Wort der Cree für Schnee und somit ein passender Titel, denn von dem weißen Zeug bekommen wir darin jede Menge zu sehen. Kona beginnt recht klassisch mit einer Autofahrt zu einer kleinen, abgelegenen Ortschaft und, wie man es eigentlich schon erwartet, einem Unfall. Was bei anderen Gruselgeschichten lediglich als Ausrede gilt, warum man den Ort des Unheils nicht beim ersten Anzeichen von Gefahr wieder verlässt, dient hier eher dazu, uns sanft an die Spielmechaniken heranzuführen. Erste Aufgabe nach Wiedererlangung des Bewusstseins ist nämlich, unsere Verletzungen zu verarzten und uns ein warmes Plätzchen zu suchen. Danach dürfen wir zum Auto zurück kehren und weiter fahren.
Haben wir unser eigentliches Ziel erreicht, beginnt dann auch das Spiel, denn der reiche Hamilton, den wir dort treffen sollten, ist ermordet worden. Es gilt heraus zu finden, wer es war und warum, und so machen wir uns auf die Suche nach Hinweisen. Eines müssen wir in Kona allerdings leider nicht, nämlich Detektivarbeit leisten, denn das meiste finden wir automatisch oder nebenher heraus. Das Spiel könnte man am ehesten als lockere Mischung aus Survival, Adventure und Erkundung beschreiben, wobei zwar nichts davon sonderlich tief ist, das Rezept aber letztlich aufgeht. Eine Prise Horror steckt sogar auch noch drin, doch sehen wir uns das der Reihe nach an.
Survival
Wer mit diesem Genre nichts anfangen kann, braucht sich nicht abgeschreckt zu fühlen, denn von den drei Statuswerten Gesundheit, Wärme und Stress brauchen wir meist nur die Wärme zu beachten. Treiben wir uns zu lange fernab von Feuerstellen oder beheizten Räumen auf, gibt es vom Spiel optische und akustische Warnhinweise und wir sollten uns aufwärmen gehen. Dabei ist das Zeitlimit recht ausgewogen, denn wir müssen nicht in ständiger Sorge darauf achten; ignorieren können wir es jedoch auch nicht. Nutzbare Öfen oder Lagerfeuer findet man regelmäßig genug und während unserer etwa acht Stunden im kanadischen Norden kommt es nur selten vor, dass wir die nötigen Ressourcen zum Entfachen nicht dabei haben. Dann kann es allerdings durchaus hektisch werden, denn bei zu langer Unterkühlung finden wir uns beim letzten Checkpunkt wieder, nämlich der zuletzt besuchten Wärmequelle.
Gesundheit wird an sich nur durch Verletzungen reduziert und kann mit Verbandszeug und Schmerzmitteln geflickt werden, was aber nicht oft nötig ist. Als drittes gilt es noch, unsere Stressanzeige im Auge zu behalten, und auch um diese muss man sich wenig Gedanken machen. Theoretisch hat es zwar negative Auswirkungen, wie zum Beispiel Sichtprobleme, Zielungenauigkeit oder reduzierte Ausdauer, praktisch passiert aber auch das nur selten und stört nicht groß, zumal sich Stress genau wie Wärme durch Vermeiden der Ursache auch wieder erholt. Insgesamt sorgt der Survivalaspekt also zwar für ein gewisses Dringlichkeitsempfinden, wirklich herausgefordert werden wir aber nicht.
Adventure
Auch das Rätseln ist in Kona eher seicht gehalten. Hirnwindungenverdreher wie „Benutze Gummihuhn mit Karabinerhaken mit Seil“ suchen wir vergeblich. Die Aufgaben dienen eher dazu, unser Vorankommen etwas zu strukturieren, als uns zum Grübeln zu bringen. Das ist schade, denn ein bisschen mehr Eigeninitiative hätte uns gerne abverlangt werden können. Dasselbe gilt für die Untersuchung des Mordfalles. Wir finden die nötigen Hinweise, doch die Schlussfolgerungen daraus werden uns automatisch präsentiert. Hierbei ist auch die Erzählung eine etwas gemischte Angelegenheit, denn unser Protagonist Carl bleibt uns als stummer Ermittler eher fremd, auch wenn seine Kommentare an einigen Stelle eingeblendet werden. Statt dessen erfahren wir seine Gedanken indirekt durch einen Erzähler aus dem Off, der eigentlich gute Arbeit leistet, nur leider nicht immer den richtigen Ton trifft. Mal ist er ernst, mal albern, mal sarkastisch, mal mitfühlend … es fehlt einfach eine verlässliche Ausrichtung und wir fragen uns, wozu das Spiel überhaupt einen Erzähler braucht.
Die Geschichte selber wirkt erstmal interessant, denn der Alltag und die soziale, politische und emotionale Situation der verschwundenen Dorfbewohner weckt die Neugier und macht Lust auf mehr. Kaum welche der angerissenen Themen werden jedoch befriedigend weiterverfolgt, so dass sich eher eine oberflächliche Momentaufnahme ergibt, in die wir durch etliche Briefe und Notizen Einblick erhalten. Unsere Hauptmotivation soll ja ohnehin die Aufklärung des Mordes sein, doch das geht eher in eine unspektakuläre Richtung und hat nicht wirklich viel mit dem zu tun, was wir über Land und Leute herausfinden.
Erkundung
Dem Erforschen der Umgebung widmen wir unsere meiste Zeit und das ist durchaus stimmig inszeniert. Mittels ungemütlicher Wind- und Wettereffekte ergibt sich ein vielleicht nicht hochpoliertes, aber im Gesamtbild überzeugendes Mittendringefühl der schneebedeckten Einöde. Obwohl das Gebiet letztlich nicht allzu groß ist, fühlen wir uns ab und zu wirklich etwas verloren. Da hilft dann ein Blick auf die Karte. Wer lange Fußmärsche scheut, darf auch mit dem Auto von Hütte zu Hütte fahren bzw. ein Schneemobil reparieren. So oder so können wir uns an der schön gestalteten Landschaft erfreuen und interessante Ecken entdecken. Nur musikalisch hätten wir uns etwas mehr Abwechslung gewünscht.
Auch wenn vieles davon optional ist, so macht uns das Absuchen der Schneelandschaft und das Finden von Items und Infohappen durchaus Spaß. Einiges davon können wir auch an anderer Stelle gut gebrauchen. Möchten wir etwa unser Schneemobil über einen Bach bringen, müssen wir dazu eine kleine Brücke bauen, was ohne die nötigen Kleinteile nicht geht – da freut sich, wer zuvor auf Sammeltour war. Wem noch Bauteile oder Werkzeuge fehlen, lässt es eben, auch nicht schlimm.
Horror
Für Spannung sorgen sollen neben dem Schneegestöber auch diverse Mystery-Elemente. Sonderlich gruselig wird Kona dadurch zwar nicht, aber immerhin haben wir so ein wenig mehr zu bekämpfen als nur Wölfe. Spoilerfrei ausgedrückt … ändert sich daran aber auch nicht viel, ein waschechtes Horrorspektakel erwartet uns also nicht. Schade ist vor allem, dass Entwickler Parabole hier ausgerechnet die wohl ausgelutschteste aller Mythen der nordamerikanischen Ureinwohner hervor zerren und es zudem nicht schaffen, einen darauf hin arbeitenden Spannungsbogen aufzubauen. Letztlich wäre uns eine etwas profanere Auflösung der Ereignisse lieber gewesen, zumal sich das Spiel auch ansonsten kein Stück um die kulturellen Hintergründe schert.
Fazit
Kona ist eine gelungene Exkursion in die Schneelandschaften Québecs. Die einzelnen Aspekte sind zwar einzeln gesehen nicht allzu kompliziert eingebunden, in der Mischung funktioniert es aber recht gut. Der leichte Survivalaspekt sorgt für Spannung, während man sich umsieht und durch Wald und Felder stiefelt, ab und zu von Kämpfen und Rätseln abgelenkt wird, ehe man den Mordfall leider eher aufgeklärt bekommt als dies selber zu tun. Grafisch ist das Spiel durchaus ansprechend, wenn auch nicht in der ganz oberen Liga angesiedel. Die Klangkulisse ist sehr überzeugend, wobei die musikalische Untermalung auch ruhig ein paar Stücke mehr hätte vertragen können.
Mir hat Kona durchaus gut gefallen, denn vor allem die Stimmung ist sehr gelungen und als nicht besonders versiertem Spieler im Bereich Survival kam mir die Light-Variante, bei der man nicht viel mehr als die Körperwärme zu berücksichtigen hat, entgegen. Weniger begeistert hat mich die narrative Ebene, weil die Erzählungen über die eigentlich viel interessanteren Leben der Bewohner Atâmipêks ins Leere laufen, nur um dann einer irgendwie aus dem nichts kommenden 0815-Legende Platz zu machen, die mich ob ihrer Unvermitteltheit auch nicht sonderlich interessiert hat.