Gori: Cuddly Carnage verquirlt den Humor von Saints Row: The Third mit Gemetzel im Stile von Devil May Cry 5. Dass die bevorstehende Fun-Nummer so abgeht, liegt an der ungewöhnlichen Waffe des Helden.
Schon im frühen Alpha-Stadium stellt Gori: Cuddly Carnage das Hack-’n-Slash-Genre auf den Kopf. Denn geschnetzelt wir hier nicht mit Schwertern oder Knarren, sondern mit einem vulgär fluchenden Hoverboard („mit familienfreundlicher Spracheinstellung“).
Das allein ändert schon einiges, doch es kommt noch abgefahrener: Das Gegner-Arsenal des quietschbunten Slashers besteht zu 90 Prozent aus – kitschigen rosa Einhörnern. Rosa Einhörner mit machetenartigen Vordergliedmaßen, rosa Einhörner in Schutzblasen, rosa Einhörner mit Hufkanonen. Was nun gewaltig nach Trash riecht, hat in Wahrheit das Zeug zum Indie-Hit.
Durchgeknallt durchs Weltall
Die hübsche, cartooneske Einleitung zeigt die wohl schrägste Raumschiffsbesatzung seit „Schweine im Weltall“. Als da wären: Pilot Gori, ein mordlustiger Feline und Held des Spiels; Bordcomputer Ch1-P, ein depressives Goldfischglas mit Gesicht; Hoverboard F.R.A.N.K., Goris Waffe und amüsant ekpathischer Kommentator („Wird Ch1-P jetzt sterben? Das ist großartig!“).
Plötzlich kracht dem Chaoten-Trio eine Ladung explosiver Herzchen-Ballons vor den Schiffsrumpf. Sofort düst der Killer-Kater mit dem Hoverboard hinunter zur Quelle des Beschusses, ein Spielzeugplanet unter der Knute des bösartigen „Bear in a Box“.
Goris respektive eure Aufgabe ist es nun, den garstigen Teddybären für immer in seine Schachtel zu verbannen. Dazu müsst ihr mehrere sandboxartige Levels durchqueren – wie viele es am Ende genau sein werden, steht noch nicht fest.
Sprungschanzen und Straßenschluchten
In der Third-Person-Perspektive steuert ihr den hoverboardenden Gori vorerst durch ein lila-blaues Stadtgebiet nahe einer Spielzeugfabrik. Vor kernigen Graffiti lernt ihr hier mit dem leicht schwebenden Gefährt zu gleiten und zu springen, auf neonfarbenen „Luft-Geländern“ zu grinden, und – etwas später – angreifende Einhörner in Streifen zu schneiden.
Das eher gemächliche Grinden geschieht weitgehend automatisch. Trotzdem erfordern insbesondere der Auf- und Absprung sowie der fliegende Wechsel auf ein anderes Geländer etwas Übung.
Während draußen hauptsächlich urbane Hindernisse wie Beton-Straßensperren oder PKWs zu umfliegen sind, bremsen euch im Inneren der Fabrik enge Röhren und, bitte Kopf einziehen, halb geschlossene Türen. Auf der Spaß-Seite gibt’s allerorts hohe Sprungschanzen, herzchenförmige Sprungballons und große Areale zum Austoben, was den linearen Spielverlauf deutlich auflockert.
Der Kontakt mit Objekten wird in der Regel nur mit dem Stillstand, der sprichwörtliche Sturz in eine Straßenschlucht mit dem Abzug von Lebensenergie bestraft. Goris Ableben schmerzt dank des fairen Checkpoint-Systems jedoch nicht allzu sehr; das Spiel wird dann einfach vom letzten Checkpoint aus fortgesetzt.
So entsteht Einhornragout
Wenn der „Bear in a Box“ seine Schergen auf euch hetzt, geht der Spaß so richtig los. Goris Standard-Attacke ist eine einfache, aber sehr wirkungsvolle Rotationsbewegung, bei der die Laser-Klingen des Hoverboards die Gliedmaßen und Köpfe der Gegner fliegen lassen. Das mag brutal klingen, produziert aber nur eine urig glucksende Knuddelmasse.
Weitere Moves schaltet ihr durch den Spielfortschritt frei, etwa einen Angriff aus hoher Luft, der ebenfalls in einer Rotation endet – oder eine schildbrechende Tritt-Attacke gegen spottende Einhörner in Blubberblasen (Niedlichkeitsfaktor: 100). Wer es althergebracht mag, der kann den Einhörnern das Hoverboard auch einfach um die Ohren hauen.
Aber täuscht euch nicht: Trotz ordentlicher Steuerung und 1a-Schwebephysik ist das Einhorn-Schreddern nicht immer ein Leichtes. Das liegt einerseits an dem rasanten Spieltempo, andererseits an den wild heranstürmenden Gegnernmassen.
Besonders in kleineren Bosskämpfen werden Erinnerungen an den Hardcore-Shooter Serious Sam wach. Zwar bekommt ihr es in den minutenlangen Angriffswellen nicht gleich mit Hundertschaften zu tun. Die Konventionsskala sprengt das Gegneraufkommen aber allemal.
Fazit: Ein ausgegorenes Frühchen
Gori: Cuddly Carnage eignet sich nicht nur für Leute mit einer Phobie gegen Fabelwesen vom Ende des Regenbogens. Das neuartige Konzept wie auch die Mechaniken funktionieren bereits jetzt so gut, dass Fans von Devil May Cry & Co mit Gori eine ernstzunehmende Alternative bekommen könnten.
Der Reiz liegt in den mitreißend anarchischen Kämpfen sowie den markigen Sprüchen der Hauptakteure. Auch wenn (oder gerade weil) sie mit ihrer Wortwahl den guten Geschmack durch den Wolf drehen.
Der Release ist für 2021 angesetzt. Neben weiteren Levels und mehr Gegnertypen soll die finale Version auch neue Features enthalten. Darunter eine rudimentäre Charakteranpassung für den Helden und seine Crew, ein 180-Grad-Quickturn und eine intelligente Smart-Camera-Option.
Ach ja: Die Entwickler planen außerdem, ein paar fiese Schockeffekte zu implementieren. So ganz kann ein selbsterklärtes Horrorspiel-Studio eben doch nicht aus seiner Haut.