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In den Top-Sellern Tomb-Raider, Far Cry und Division wird das Survival-Genre oft mit Action kombiniert. Man spielt den Helden, der die Horden an böswilligen, schwer bewaffneten Feinden mehr oder minder einfach überrennt. Mit This War of Mine (2014) versprechen die polnischen 11 Bit Studios einen anderen Ansatz und werfen uns als Zivilist in ein Bürgerkriegsszenario, in dem die Linie zwischen Gut und Böse zu verschwinden droht.
Die Gewöhnung an den Kampf ums Überleben
Bürgerkrieg – die von Rebellen besetzte Stadt Zagoria wird von der staatlichen Armee belagert. Die Straßen sind umkämpft, die Versorgung zusammengebrochen. Die knallenden Schüsse hallen durch die Stadt. Wir finden uns in einer von Mörsern zerschossenen Hausruine wieder. Eine Gruppe von Überlebenden, die unterschiedlicher nicht sein könnte, hat hier Unterschlupf gefunden. Einige morsche Betten werden von uns gezimmert, auch wenn wir dafür die alten Schränke abbauen müssen. Einige verschlossene Türen werden aufgebrochen, alle verfügbaren Ressourcen gesammelt. Draußen tobt der Krieg, wir können nicht bei Tageslicht hinaus. Es ist noch nicht so kalt, dass wir heizen müssten, Gott sei Dank. Doch Essen ist knapp und einer aus der Gruppe, Markus – er war wohl Schreiner, aber hat sonst noch nicht viel von sich erzählt – hustet auffällig schwer.
Als es dunkel wird und die Kampfparteien sich zurückziehen, brechen wir mit Boris auf. Er ist stark und kann bestimmt viele Sachen mitbringen. Roman hat früher mit den Rebellen gekämpft, er ist garantiert als Nachtwache gut geeignet. Wir haben noch keine Waffen. Am besten erst einmal in irgendeinen Vorort gehen, im Stadtzentrum sind zu häufig Militärpatrouillen, erzählt man sich. Bei unserem Ziel angekommen, blicken wir durch das Fenster. Ein altes Ehepaar sitzt vor dem Fernseher. Solche Rentner haben doch oft Medizin. Etwas werden die bestimmt entbehren können. Schweren Gewissens breche ich die Kellertür auf und schleiche mich in die Küche, wo ich den Kühlschrank leerräume, ebenso wie den Medikamentenspind im Bad. Ich nehme mir fest vor, später wiederzukommen und ihnen wieder etwas zurückzugeben. Falls die Hausbesitzer dann noch leben…
Hardcore Survival neu definiert
Die Idee ist einfach, aber gewagt. Nimm dem Spieler alles weg und schau, wie er sich verhält. Stehlen wir von den alten Leuten oder kehren wir mit leeren Händen zurück in den Unterschlupf und riskieren das Leben unserer Gruppe? Wenn Überlebende wie wir ihr Gut mit Waffen verteidigen, wären wir bereit, sie dafür zu töten? Und falls wir uns zu diesem radikalen Schritt entschließen, werden unsere Gruppenmitglieder das Verkraften können, oder daran verzweifeln? Das sind nur einige von vielen Entscheidungen und Faktoren, vor die uns This War of Mine stellt. Und selbst die Bereitschaft, alles zu tun, um zu überleben, rettet unsere Charaktere manchmal nicht vor dem Tod, der in diesem Spiel endgültig ist. Wir verfluchen uns, dass wir so dumm waren, uns auf so häufige Konflikte einzulassen, statt uns zurückzuziehen.
Alte Systeme erfrischend kombiniert
Die simple 2½- dimensionale Perspektive gibt uns einen Überblick über die Gebäudestrukturen, durch die dünnen Wände und Decken hören wir einige Schritte und Gespräche. Dies erzeugt eine Atmosphäre, die uns stets in Angst hält, dass von irgendwo jemand kommen könnte, der vielleicht feindliche Intentionen hat. Die eigene Basis wird mithilfe eines simplen Craftingsystems aufgebaut. Dies stellt uns vor die Wahl, ob wir lieber möglichst viele Rohstoffe sammeln, um möglichst schnell unabhängig im Bezug von Nahrung zu werden, oder doch lieber Wertgegenstände, um mit anderen Überlebenden zu handeln. Unsere Charaktere haben manchmal mehr, manchmal weniger Talente. Ist der alte Opa schützenswert? Oder wäre er der Erste, den wir opfern würden, wenn Essen knapp wird? Schicke ich unseren verletzten Soldaten erneut nach draußen oder lieber einen gesunden Zivilisten? Es sind bekannte Systeme, die wir aus so vielen Spielen kennen. Doch der Grad an Schwierigkeit und die Art der Kombination bringen das Spiel auf eine neue Ebene und erzeugen ein ganz anderes, bedrückendes Gefühl, selbst wenn man es schafft, zu überleben.

Die Hintergründe
11 Bit Studios arbeitet im Rahmen dieses Projektes mit dem deutschen Publisher Deep Silver zusammen. Zuletzt veröffentlichten sie bereits Modding Tools für das Spiel, sowie ein DLC mit Street Artwork. Dessen Erlöse gingen komplett an die War Child-Organisation, die sich für die Versorgung von Kindern in Kriegsgebieten einsetzt, und seit Beginn der Entwicklung von den Entwicklern im Spiel eine Direktverlinkung besitzt. Mit einem weiteren „The Little Ones“-DLC war es auf den Konsolen auch bereits möglich, den Bürgerkrieg in den Augen eines Kindes zu erleben. Dieses DLC wird nun auch für PC ercheinen – vielleicht wieder in Verbindung mit Spenden für War Child. Trotz dieser Verbindung mit Wohltätigkeitsaktionen hat das Spiel seine Produktionskosten in den ersten 2 Verkaufstagen eingeholt und um ein Vielfaches überboten.
Tim:
Mein erster Tag in This War of Mine hat mich unvorbereitet getroffen. Ich war überwältigt von der bedrückenden Atmosphäre, der Bindung zu manchen Charakteren meiner Gruppe und der Unverzeihlichkeit von Fehlern. Nach dem Tod meines ersten Charakters habe ich das Spiel kurz zur Seite gelegt, als mir bewusst wurde, welche Schmerzen es mir bereitete, auch wenn ich praktisch noch 4 „Ersatzleben“ in meiner Basis hatte. Ich schaffte es mit letzter Kraft, den Bürgerkrieg zu überstehen, und doch ließ mich das Ende mit offenem Mund dastehen. Mit Erfahrung und dem Ausnutzen von gewissen Spielinhalten gelang es mir in den nächsten Anläufen, wesentlich leichter zu überleben. Und hierdurch ging mir vermutlich auch nach 80 Stunden der Spielspaß verloren. Was mir geblieben ist, sind die überwältigenden Erinnerungen an meinen ersten Durchlauf. Und ich denke, so muss das Spiel gespielt werden – wie ein Krieg: Ohne zu wissen, was einen erwartet. Jede Handlung unumkehrbar. Unverzeihlich.
Ein Kommentar
Hey Tim,
This War of Mine war mir bislang noch nicht bekannt. Danke für den tollen Artikel zu dem Spiel!
Gibt es veröffentlichte Zahlen zu den Spenden?
Liebe Grüße
Lysoteh