Das bereits 2015 für den PC erschienene Gruselabenteuer Uncanny Valley von Cowardly Creations hat mittlerweile den Sprung auf die Konsolen geschafft. X-Box One, PlayStation 4 und die Vita laden mit Verspätung zum unüberlegten Jobwechsel ein. Wir haben uns als Nachtwächter verkleidet in die Forschungsanlage gewagt um zu sehen, ob sich der Ausflug lohnt. Dabei macht das Spiel seinem Namen alle Ehre; denn hier ist nichts, wie es zunächst scheint … was für reichlich Unwohlsein sorgt.
Worum geht es?
Ist die Voraussetzung zunächst lediglich, in der bereits stillgelegten Forschungsanlage für Androiden als Protagonist Tom durch die Gänge zu patroullieren, so stellt sich bald heraus, dass nicht alles so ruhig ist, wie man es annehmen würde. Wer sich traut, nachzuforschen, was in den angeblich verlassenen Etagen vor sich geht, muss bald gegen mehr als nur die Müdigkeit ankämpfen. Und auch Tom selber erweist sich nicht als leeres Blatt, hat er doch gute Gründe gehabt, die Abgeschiedenheit dieses einsamen Postens zu suchen. Somit wollen ihm irgendwann nicht nur die Möchtegernmenschen ans Leder, sondern auch seine Vergangenheit holt ihn ein.
Dabei ist dieser 2D-Sidescroller mit Fokus auf Erkundung und Rätseln auf den ersten Blick recht einfach aufgebaut. Wir steuern Tom durch die Gänge und Räume, können bei Bedarf rennen oder uns ducken, später auch mit einer Pistole Gegner bekämpfen oder sie durch recht simple Versteckspielchen umgehen. Gegenstände ziehen wir aus dem Gepäck direkt auf Objekte, mit denen wir sie verwenden möchten, wobei die Inventarrätsel nicht allzu komplex ausfallen. Die Schwierigkeit ergibt sich eher dadurch, dass wir oft herausfinden müssen, was wir überhaupt tun können – denn wer sich strikt an die Routine hält, wird nicht viel vom Spiel sehen. Auch wenn wir ab und zu einige Hinweise erhalten, Uncanny Valley erwartet von uns ein gewisses Maß an Eigeninitiative. Doch worum geht es überhaupt?
Die Angst vor dem Unbekannten
Das Phänomen des unbehaglichen Tals kennen wir aus dem Bereich der Animation oder der Robotik. Vereinfacht ausgedrückt empfinden wir eine schlechte oder von vorneherein deutlich als solche erkennbare Kopie eines Menschen als weniger unheimlich als einen schon sehr überzeugend wirkenden künstlichen Menschen.
Wissen wir, es heißt schließlich Chucky, die Mörderpuppe, nicht Chucky, der Mörderknuddelteddy, und auch sonst kennen wir bedrohlich wirkende, humanoide Roboter aus der Unterhaltungsbranche. Wenn sich daher ein Spiel Uncanny Valley nennt und als Hauptschauplatz eine Art Androidenfabrik bietet, in der wir nachts alleine unsere Runden drehen, weckt das eine gewisse Erwartungshaltung. Zum Teil wird diese erfüllt, zum Teil aber auch nicht.
Aller Anfang ist schwer …
Uncanny Valley als sperrig zu beschreiben, ist vermutlich noch eine Untertreibung. Das merken wir schon beim Start, wenn der Hinweis eingeblendet wird, das Spiel sei darauf ausgelegt, dass wir es mehrfach durchspielen. Was häufig nur ein Vorwand ist, eine kurze Spieldauer zu rechtfertigen, ist hier durchaus ernst gemeint. Bei unseren ersten beiden Ausflügen als Nachtwächter Tom in die abgelegene Anlage haben wir den eigentlichen Survivalhorror-Abschnitt, den wir erwartet hatten, gar nicht zu Gesicht bekommen und waren dann doch etwas verwundert, als die Credits über den Bildschirm flossen, ohne auch nur einen Gegner abgeballert, geschweige denn gesehen zu haben.
Also halten wir beim zweiten Durchlauf die Augen ganz weit offen – denn das Spiel und dessen Eigenarten zu erkunden ist wesentlicher Bestandteil des Erlebnisses. Es soll an dieser Stelle genügen zu sagen, dass der Ablauf trotz des begrenzten Areals recht offen gestaltet ist, so dass wir nicht zwangsläufig alles entdecken, ehe wir eines der Enden erreichen.
Die hier in erster Linie zu klärende Frage ist allerdings, ob das Spiel überhaupt etwas taugt und das können wir bejaen, auch wenn es einige fragwürdige Designentscheidungen gibt. Dazu gehört die Idee, es uns zumindest theoretisch so schwierig wie möglich zu machen, in dem Spiel zu sterben. Zitat von der Indiegogo-Seite des Projekts: „
Why? Because dying and repeating the same section over and over is tedious and leads to frustration.“
Statt dessen gibt es das sogenannte Konsequenzen-System, das uns unsere Fehler auf andere Weise bereuen lässt. Ein Beispiel dazu: Wir werden von einem Androiden besiegt. Wo uns andere Spiele einfach an den letzten Speicherpunkt zurücksetzen, findet Uncanny Valley einen Weg, uns weiterspielen zu lassen, aber wir verpassen dadurch in diesem Durchgang den Zugriff auf die Pistole, was uns an späterer Stelle in den Hintern kneift.
… und das Ende erst!
Das ist letztlich nicht so schlimm, da wir eines der Enden auf jeden Fall erreichen werden. Aber es führt die angekündigte Absicht, das langatmige Wiederholen der immer gleichen Abschnitte zu verhindern, ad absurdum, wenn dadurch letztlich erreicht wird, dass wir gleich das ganze Spiel immer und immer wieder durchspielen müssen. Das stört anfangs nicht, da man genügend ausprobieren und erkunden kann, spätestens beim vierten Anlauf frustriert es dann aber doch, speziell die erste Hälfte schon wieder durchexerzieren zu müssen, nur weil wir uns kurz vor dem Ende einen Patzer erlaubt haben.
Ansonsten ist das Gameplay allerdings recht unterhaltsam gehalten, eine Mischung aus Adventure und Survivalhorror. Die beim Anspielen erst einmal ungewöhnliche Steuerung stellt nach einiger Zeit kein Problem mehr dar und auf der PlayStation Vita können wir sogar den Touchscreen für einige Funktionen nutzen, was noch einmal etwas komfortabler als das Hantieren mit dem Stick ist. Später im Spiel wird trotz Waffe das Umgehen von Gegnern wichtig, da Munition ziemlich knapp bemessen ist. Dafür wäre ein etwas besseres Stealthsystem gut gewesen, denn wir fühlen uns zwar verletzlich, es nervt aber auch ein bisschen, wenn wir nicht genau wissen, warum wir nun schon wieder entdeckt wurden und die Beine in die Hand nehmen mussten.
Was den Grusel angeht, machen die Leute von Cowardly Creations einiges richtig. Die simple, aber nett genutzte Pixeloptik erzeugt in Verbindung mit einer gelungenen Klangkulisse schaurige Stimmung, bietet aber insgesamt etwas wenig Abwechslung, selbst bei der Kürze von etwa zwei Stunden für einen Durchgang. Zudem ist zumindest anfangs zu schnell klar, dass erstmal keine wirkliche Gefahr lauert. Statt dessen werden wir durch Alptraumsequenzen gehetzt, was zwar ansehnlich inszeniert ist, aber eben auch recht stark gescriptet, und so stellt sich bald das Gefühl ein, es könne uns gar nichts passieren. Damit wird dann zwar gebrochen – aber speziell beim wiederholten Spielen möchten wir das bald am liebsten überspringen. Spannend bleibt es aber allemal und letztlich zwingt uns ja auch niemand dazu, ein bestimmtes Ende zu erreichen.
Die Erzählweise finden wir leider wesentlich interessanter als die eigentliche, nicht allzu tief gehende Story. Über die durchstöberbaren Email-Konten der ehemaligen Angestellten und einige Tonbandaufnahmen erhält man immerhin noch etwas Einblick in die Vergangenheit der Einrichtung. Die Dialoge sind zwar an sich in Ordnung, das Format erweist sich jedoch als störend, denn durch die kleinen Sprechblasen und die grobe Schriftart werden immer nur einige wenige Wörter auf einmal angezeigt, was den Lesefluss erheblich stört. Es wäre besser gewesen, die Textfeldgröße so anzupassen, dass wenigstens einzelne Sätze zusammenhängend dargestellt werden.
Fazit
Insgesamt macht Uncanny Valley eine gute Figur, schwächelt jedoch in den Details. So wird die Geschichte zwar interessant erzählt, ist aber an sich eher Standardkost. Etwas mehr Standard hätte hingegen dem Gameplay gut getan, das zwar ungewöhnliche Wege geht und sehenswerte Ansätze liefert, aber sich schwer tut, einen verlässlichen Spielfluss zu erzeugen. Insbesondere der Versuch, Frust durch Wiederholung zu vermeiden, indem man ausgerechnet auf das Wiederholen des ganzen Spieles setzt, geht nachvollziehbarerweise bald nach hinten los, auch wenn es jedesmal Neues zu entdecken gilt.
Mir persönlich hat das Spiel eher vom Potential her gefallen, das ich überall spüren konnte. Das zumindest in der ersten Hälfte recht offene Spielprinzip lädt zum Erkunden ein, wird aber langweilig, sobald man weiß, was zu tun ist. Da ist es wenig hilfreich, dass man sie dann trotzdem nicht abkürzen darf. Die wirre Erzählweise durch Träume, Rückblenden und – über mehrere Durchgänge verteilt – verschiedene Heransgehensweisen macht neugierig, aber die Story selber ist recht durchschnittlich. Da ich jedoch nicht an der Hand genommen durch sie hindurch geführt wurde, sondern durchaus viel verpassen durfte, ergaben sich einige äußerst überraschende Szenen, die mich dazu anreizten, beim nächsten Mal herauszufinden, was es damit auf sich hat.