Ein Jahr bevor PlayerUnknown’s Battlegrounds allen anderen Titeln auf der Spieleplattform Steam den Rang ablief, erblickte mit The Culling ein anderer Battle-Royale-Frischling das Licht der Welt. Doch was ist aus diesem einst vielversprechenden Twitch-Erfolg geworden?
Das Survival Battle Royale
Als The Culling im März 2016 in seine Early-Access-Phase auf Steam trat, waren Survival-Fans hin und weg. 16 Spieler in einer Arena, die sich nach und nach ihre Bewaffnung sammeln und craften können. Um sie herum schließt sich eine Gaswolke, und so wurden Spieler aufeinander zu getrieben, bis schließlich nur noch ein Überlebender siegreich hervorging.
Zusätzlich zu dem grundlegenden Crafting-System für einige Starterwaffen verfügt The Culling über ein ausgefeilteres Kampfsystem mit einer Mischung aus Blocken, Wegstoßen und Angreifen. So sollte kein wirres Draufgehaue wie etwa in PUBG entstehen, sondern taktisches Abwarten und Platzieren von Schlägen. Einen besonderen Charme erhielt The Culling durch seinen KI-Kommentator, der das Spielerlebnis und die Aktionen von Spielern mit schwarzem Humor versüßte.
Auf Twitch erlebte The Culling zu Beginn ebenfalls einen durchaus guten Start und zahlreiche Content Creator sprangen auf den Hype-Train mit auf. So erreichte The Culling in seinem Release-Monat bis zu 12.000 Spieler, die gleichzeitig online waren.
Und auch am Entwickler Xaviant Games sollte es beim Team, dass bereits Lichdom: Battlemage veröffentlichte, nicht scheitern. Was lief also schief, dass The Culling nicht bereits 2016 den Thron des Battle-Royale-Genres eroberte?
Scheitern im Boxring
Verglichen mit dem amtierenden König PUBG wirkt The Culling’s Konzept heute wie ein unnötig komplexer, aber dafür umso kleinerer Survival-Fight. Gerade einmal 16 Spieler kämpfen hier in einer Arena ums Überleben. Dadurch ist auch die Arena entsprechend kleiner und es gibt weniger zu entdecken. Dazu kommt die Zonenbeschränkung, die ausschließlich in das Zentrum der Karte verläuft. Die Spielumgebung ist also in jedem Durchlauf mehr oder weniger dieselbe.
Dafür ist die Karte durchzogen von Interaktionspunkten wie Automaten, Rufpunkten für Airdrops etc. Diese lassen den Spieler stagnieren und nehmen das Gefühl des Zeitdrucks, den Battlegrounds durch eine große Karte und die sich verkleinernde Zone kreiert.
Die größten Unterschiede, die wohl zum Nachteil von The Culling ausfallen, finden sich jedoch im Kampfsystem. Hier verlässt sich PUBG auf das bekannte und einfache Gunplay. Zielen, Schießen, Treffen, es ist eine einfache Berechnung kombiniert mit Skill, die Spieler aus zahlreichen anderen Games nachvollziehen können. Umgebungsverhältnisse, Waffen-Stärken und -Schwächen und Überblick über die Karte bringen hier die stärksten Einflüsse zu Sieg und Niederlage.
The Culling veranstaltet hier mit seinem Nahkampfsystem aus Blocken, Stoßen, Schlagen etc. in der Realität ein Tastengewirr, das den taktischen Level von Battlegrounds nicht erreicht. Zahlreiche Perks, Debuffs und starke Waffenunterschiede lassen Kämpfe oft albern wirken. So werden Kämpfe durch ständiges Blocken unnötig in die Länge gezogen, wo in PUBG schnelle Treffer entscheiden. Spieler mit Wurfspeeren oder Pfeil und Bogen laufen vor axtschwingenden Nahkämpfern weg, um außer Reichweite zu bleiben. Es dürfte auch eben diesem komplexen und oft wirren Boxring zuschulden sein, dass das saubere Battlegrounds ihm das Zepter entreißen konnte.
Auf dem Boden der Realität
Ende 2017 gaben Xaviant Games jetzt bekannt, dass die Entwicklung an The Culling eingestellt ist und das Spiel keine Updates mehr erhalten wird. Die Server bleiben jedoch vorerst am laufen und auch auf Steam ist der Titel weiterhin für 22,99 Euro im Angebot. Die Spielerzahlen aber sind bereits seit langem eingebrochen. Im Durchschnitt sind im letzten Jahresdrittel gerade einmal die nötige Anzahl an Spielern online gewesen, um ein Match starten zu können. Und oft ist das gar nicht erst möglich. So müssen die doch sehr simpel eingestellten Bots für PVE-Gefechte herhalten, die aber schon oft genug am Gas der Spielzone sterben.
Daran ändern auch Lootboxen, eine neue Gefängnis-Karte, ein Ranking-System und zusätzliche Einstellungen für Airdrops nichts mehr. Mit all diesen Features ist The Culling zwar ein komplettes Spiel von Anfang bis Ende, das in seinen grundlegenden Designentscheidungen jedoch nicht mehr mit dem simpleren Konkurrenten Battlegrounds mithalten kann.
The Culling: Verblasster Erfolg oder Fehlschlag?
In ihrem abschließenden Statement geben sich die Entwickler von Xaviant Games zufrieden mit der Entwicklung von The Culling, da sie für sich einiges lernen konnten, ihr Team durch den Erfolg vergrößerten und ihren ganz eigenen Beitrag zum Aufstieg des Battle-Royale-Modus sehen.
Ebenso unerwartet wie sein Launch verschwand The Culling auch wieder von der Bühne.
Was jedoch nur schwer zu ignorieren ist, ist der Faktor, dass The Culling seit seinem Release nahezu keine aktive Spielerschaft mehr besitzt. Der anfängliche Erfolg zu Beginn der knapp zwei Jahre langen Early-Access-Phase ist verblasst. Dennoch sprechen die Entwickler nicht von einem Fehlschlag.
Kann ein Spiel sich also als Erfolg sehen, wenn es im Rahmen der Early Access einen kurzen Bekanntheitsschub erhielt und seine Ausgaben wieder reingeholt hat (was in der Spieleentwicklung absolut nicht der Regelfall ist!)? Oder versagt ein Titel, der nach dem Release aus der Early Access nicht mehr über eine standfeste Spielergemeinschaft verfügt?