The Outlast Trials setzt am 18. Mai eine der furchteinflößendsten Reihen von Horrorspielen fort. Vorab erzählten uns Phil und Alex von Red Barrels die interessante Entstehungsgeschichte des Koop-Schockers.
So entstand Outlast Trials: Dein Leben ist eine einzige große Party? Du bist körperlich wie auch mental topfit? Ab morgen wirst du an diesem langweiligen Zustand etwas ändern können, denn an diesem Tag startet The Outlast Trials in den Early Access – mehr oder weniger.
Der Frühzugang ist nämlich nur eine Tarnung für all die saisonalen Menschenexperimente, die das Horrorspiel künftig mit dir plant. Und genau das ist das Perfide: Durch den Service-Ansatz, in dessen Rahmen das Spiel kontinuierlich um neue Levels erweitert werden soll, wird das neue Outlast deine Seele praktisch unaufhörlich pürieren. Bis du vielleicht nicht mehr derjenige bist, der du vor den Experimenten warst.
Doch The Outlast Trials hat noch mehr auf der Kante als „Service-Terror“ und gepflegtes Koop-Gruseln. Das erfuhren wir im Rahmen eines Q&A mit zweien der Entwickler, dem Co-Gründer von Red Barrels – Philippe Morin – und Game Director Alex Charbonneau. Besonders Phil wusste spannende Details über den Entstehungsprozess des Spiels zu erzählen. Seine Geschichte gefiel uns sogar so gut, dass wir sie an dieser Stelle zitieren und nacherzählen wollen.
Die Q&A-Session mit Alex und Phil fand bereits am 3. Mai im Anschluss an eine Gameplay-Präsentation von The Outlast Trials statt. Was wir dabei zu sehen bekamen, entsprach im Wesentlichen den Inhalten des Closed-Beta-Builds vom späten Oktober letzten Jahres.
Immerhin: Co-Gründer Phil gelang es von Anfang an, Journalistenfragen zu beantworten, die noch gar nicht gestellt worden waren. So zum Beispiel im Falle der Inspirationsquellen für Outlast Trials und den frühesten Anfängen des Projekts.
„Nach Outlast 2 haben wir uns gefragt, was wir als Nächstes machen sollen und um ehrlich zu sein, waren wir eine Zeit lang nicht sicher, ob wir ein weiteres Horrorspiel machen wollen. Dann aber fragten wir uns, (…) was wäre, wenn wir das erste Outlast nähmen, (...) und mehrere von euch in dieser Nervenheilanstalt eingeschlossen wären und von dort entkommen müssten.“ (Phil Morivon)
Obwohl Outlast 2 nicht ganz an den Erfolg des Vorgängers anknüpfen konnte, waren wir von Phils Geständnis ein wenig überrascht. Zweifelte Red Barrels hier an dem Erfolg eines Follow-ups, oder waren die Kanadier virtueller Geisterbahnen schlicht überdrüssig?
Nun, fest steht, dass sich der Videospielemarkt während der letzten fünf Jahre stark verändert hat. Zumindest die AAA-Industrie hat das klassische Singleplayer-Spiel mitsamt dem zugehörigen „Buy 2 Play“-Modell beerdigt – und Outlast Trials könnte Red Barrels folgerichtige Antwort auf diese Entwicklung sein.
Wie auch immer, mit dem ersten Teil von Outlast im Rückspiegel sollte es nicht allzu lange dauern, bis weitere neue Anregungen für Outlast Nummer drei gefunden waren. Neben dem besagten Studioerstling hob Phil Morin in dem Q&A auch „Saw II“ als Einfluss hervor:
„Was ihr auf dem Bildschirm seht, ist ein Haufen von Referenzen, die das Spiel [The Outlast Trials] bilden. Wir haben uns offensichtlich an die ‚Saw‘-Filmreihe gehalten. Vor allem an den zweiten Teil, weil er viel Dynamik besaß, und das ist es, was wir einzufangen versuchen. Ihr müsst zusammenarbeiten, um von diesem Ort entkommen zu können.“
Mit seinem Kinostart im Jahr 2005 ist Darren Bousmans „Saw II“ zwar nicht mehr der jüngste Horrorstreifen. Für schaurige Koop-Konzepte ist die Geschichte um den wahnsinnigen Serienmörder Jigsaw aber eine exzellente Vorlage.
Der ungewöhnliche Killer ist bekannt dafür, nur eine bestimmte Sorte Mensch zu entführen und sich die Hände niemals selbst schmutzig zu machen. Stattdessen zwingt Jigsaw seine Opfer dazu, sich selbst oder anderen für ihr Überleben grausamste Dinge antun.
Auch bei der dritten großen Inspiration für The Outlast Trials handelt es sich laut Phil um einen Horrorfilm, wenn auch um eine unbekanntere, japanisch-kanadische Koproduktion. Auch in diesem 1997 erschienenen Streifen geht es um eine Gruppe von Fremden, deren Mitglieder ihre unterschiedlichen Talente miteinander kombinieren müssen, um von einem tödlichen Ort – ein mit Fallen ausgestatteter Würfel bestehend aus würfelartigen Räumen – zu fliehen.
Doch für Red Barrels war ein anderer Aspekt des Films wegweisend: „(…) ‚Cube‘, das [der Film] war sehr interessant, weil er diese Schlüsselfiguren hatte, die irgendwie an Outlast erinnern. Ihr wisst schon, diese großen, bösen Jungs, die euch jagen, während ihr versucht zu entkommen und um euer Überleben kämpft.“
Während die grundlegende Konzeption von Outlast Trials also auf Filmen aufbaut, liegt der Story des kollektiven Horrortrips etwas viel Spannenderes, gleichzeitig aber auch Schockierendes zugrunde: real durchgeführte Menschenexperimente.
Ihre Recherchearbeit begannen die Mannen von Red Barrels bei dem von der CIA initiierten Projekt MK-Ultra. Hierzu erklärte Phil: „Und dann sahen wir uns noch einmal ‚MK-Ultra‘ an, da wir herausfinden mussten, was dort [in der Nervenheilanstalt] passiert, (…) warum diese Leute gekidnappt und dann Experimente an ihnen durchgeführt werden.“
Falls du mit der Bezeichnung MK-Ultra nichts anzufangen weißt, könnte das an zwei Dingen liegen. Zum einen war MKU ein von der CIA durchgeführtes, illegales Menschenversuchsprogramm, aus dem sowohl neue Verhörmethoden als auch gefügig machende Drogen hervorgehen sollten. Das Ziel war, Geständnisse durch Gehirnwäsche und psychologische Folter zu erzwingen.
Zum anderen liegt die Versuchsreihe glücklicherweise schon 50 Jahre zurück. Sie begann 1953 und wurde 1973 eingestellt; die US-Öffentlichkeit erfuhr jedoch erst im Jahr 1975 davon. Die CIA ist deswegen nicht humaner geworden. Zuletzt beschäftigte sie sich unter anderem mit der Fernsteuerung von Hunden per Implantat.
Ein anderes wissenschaftliches Experiment, das The Outlast Trials zugrunde liegt, lief den verantwortlichen Junior-Weißkitteln komplett aus dem Ruder. Phil Morin erläuterte:
„Danach studierten wir die Stanford-Prison-Experimente [Anm.: Im Jahr 1971 durchgeführte psychologische Experimente zum menschlichen Verhalten in Gefangenschaft, besonders unter Feldbedingungen des Gefängnislebens], wo ein Haufen von Universitätsstudenten ein Experiment machte, bei dem die Leute in zwei Gruppen unterteilt wurden: in Gefängniswärter und Gefangene. Es [der Versuch] sollte eigentlich Wochen andauern, doch er ging nur über sechs Tage, weil die erklärten Wachen die anderen missbrauchten.“
Als hätte es bis 1971 noch nie Gefängnisse und entsprechende Beobachtungen zum menschlichen Verhalten gegeben, lässt dieses aberwitzige Experiment immerhin fragen, ob Outlast Trials seine Spieler vielleicht doch manchmal dazu zwingen wird, gegeneinander zu arbeiten. In virtueller Form wäre das auf alle Fälle interessant, doch derlei Kehrtwenden ließ Red Barrels an diesem Tag nicht durchscheinen.
Im selben Zug beschäftigte sich die kanadische Spieleschmiede übrigens mit dem Stanley-Milgram-Experiment, das sich zumindest aus Sicht der Probanden an der Grenze zur Abartigkeit bewegte. Phil rief uns dazu in Erinnerung:
„Das ist dieses Experiment, bei dem eine Person einer anderen Person Fragen stellt, ohne dass sich die beiden sehen können. Und wenn die andere Person eine falsche Antwort gibt, dann wird sie vom Fragesteller mit Elektroschocks bestraft. Dabei wusste der Fragesteller nicht, dass das Ganze nur inszeniert war.“
Bei den anderen Versuchsteilnehmern handelte es sich nämlich um Schauspieler, und auch die Elektroschocks wurden nicht tatsächlich verabreicht, was mit Blick auf MK-Ultra & Co allerdings fast schon verwundert.
Bei der Entstehung von The Outlast Trials spielte – last but not least – der amerikanische Psychiater Robert Jay Lifton eine gewichtige Rolle. Lifton schrieb, wie Phil es ausdrückte, „eine Menge über Gehirnwäsche, (…) und darüber, wie du jemanden mit der Zeit umformen kannst.“
Der Gründervater des Studios weiter:
„Die drei wichtigsten Dinge, die wir von Lifton übernahmen, (...) waren das Brechen der Persönlichkeit, der Neuaufbau der Persönlichkeit und die Errettung. Das Brechen des Ichs ist es also, was im Rahmen der Versuche geschieht. Grundsätzlich wird versucht, all deine Ansichten zu zerschlagen, dich in eine leere Hülle zu verwandeln, in die sie dann – sobald sie dich neu aufbauen – alles eingeben können, was auch immer ihnen beliebt, um dich zu ihrem Werkzeug zu machen.“
All diese Filme und Bücher seien, so Phil Morin, das grundlegende Material gewesen, auf das Red Barrels im Groben während der ersten zwei Projektjahre immer wieder zurückkam. Über welchen Gesamtzeitraum sich die Entwicklungsphase erstreckte, kam im Verlauf des Q&A nicht zur Sprache (unser Fehler). Es ist erfahrungsgemäß aber von einer Produktionszeit von mindestens vier Jahren auszugehen.
Seine Zusammenfassung der Hintergründe schloss der Level-Designer mit den Worten: „All das passiert, während du als Spieler die Möglichkeit siehst, aus der Anstalt zu entkommen. Da ist diese Tür in der Eingangshalle, durch die du, sobald du deine ‚Therapie‘ beendet hast, gehen darfst, um herauszufinden, was dich draußen erwartet.“
Am Ende war die rund 50-minütige Vorschau-Session damit aber noch nicht ganz. Nein, Phil hatte uns auch etwas zu dem „physischen“ Setting von Outlast Trials zu sagen. Dieses sei, was der Psychiater Lifton „Milieukontrolle‘ nannte. Dabei geht es um kontrollierte Beziehungen zur Außenwelt.
„Grundsätzlich hat Murkoff [Anm.: die Firma, die die Versuchsreihe leitet] große Anlagen im Inneren installiert, zum Beispiel diese falschen Filmsets. Und die sind der soziale Kontext, in den die ‚Versuchskaninchen‘ gestellt werden. Die Absicht Murkoffs ist es also, eine emotionale Reaktion zu erzeugen, indem Spielern bestimmte Aufgaben gegeben werden und man dann versucht, Konflikte zwischen ihnen zu erzeugen“, beschrieb der Outlast-Macher.
Aber wie sieht es eigentlich bei der Gewichtung zwischen dem Koop- und dem Singleplayer-Modus aus? Schließlich lässt The Outlast Trials sich auch, wie wir seit dem Beta-Test wissen, alleine spielen. Auch zu diesem Thema hatte Phil Morin eine Antwort parat:
„Als wir [mit The Outlast Trials] begannen, verfolgten wir vollständig einen Koop-Gedanken. Während wir daran arbeiteten, realisierten wir aber, dass das Spiel auch dann funktioniert, wenn du es alleine spielst. (…) Es ist also kein Spiel, wo es nur den Multipalyer-Modus gibt; die Story ist nicht auf der einen Seite und der Multiplayer auf der anderen. Es ist alles voll integriert; es ist ein und dasselbe. Du kannst als Spieler eben nur entscheiden, wie du die Prüfungen durchlaufen willst. (…) Alleine oder mit einem Freund, mit zwei Freunden, vier Freunden oder auch mit völlig fremden Leuten.“
In diesem Sinne dürfen wir uns also schon morgen – vorerst ausschließlich auf dem PC – über einen der interessantesten Horrortitel der letzten Zeit freuen. Uns jedenfalls konnte das „experimentelle“ Konzept des Spiels schon im Rahmen der Closed Beta überzeugen, denn es verspricht, der Outlast-Reihe neuen Pepp zu verleihen.
Und wer weiß, vielleicht führt ein von Erfolg gekröntes Service-Modells ja dazu, dass Red Barrels uns noch mindestens ein weiteres Outlast-Spiel bescheren wird. Wir hätten ganz sicher nichts dagegen.
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