Unrecord, ein nahezu fotorealistischer Bodycam Shooter, sah sich wegen seiner beeindruckenden Optik inzwischen widerlegten Fake Vorwürfen gegenüber. Wir erklären, wie die Entwickler den bemerkenswert authentischen Look bewerkstelligen.
Unrecord wirkt täuschend echt: Eine Bodycam zeigt, wie ihr Träger, vermutlich ein französischer Polizist, sich eilig auf einen grauen Betonklotz zubewegt. Vor dem mit Graffiti beschmierten, türlosen Eingang angekommen, zieht der Gesetzeshüter seine Dienstpistole, lädt sie durch und setzt vorsichtig Fuß in das verfallene Gebäude. Niemand zuhause? Denkste! Nur Sekunden später huscht voraus ein flüchtender Schatten vorbei, und die Klärung gerät augenblicklich zu einer wilden Verfolgungsjagd über Schutt und Schrank.
Die beschriebene Szene stammt aus dem ersten Gameplay-Trailer zu Unrecord, ein zukünftig wohl genrestiftender Bodycam-Shooter. Denn das virale Video führt ansehnlich vor, welches Realismus-Potenzial in der „neuen“ Spielperspektive steckt. Allerdings wird der hier gebotene hohe Grad an Authentizität nicht allein durch Kameraerschütterungen erreicht. In unserer ersten Ausgabe der „Game Insights“ verraten wir, wie Unrecords großartige Optik zustandekommt.
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Wir wollen diesen Artikel mit einem pikanten Fakt zu den Entwicklern von Unrecord beginnen. „Drama“, wie sich das erst 2020 gegründete Studio nennt, besteht lediglich aus drei Personen, inklusive eines Musikers. Was wir in dem Gameplay-Video vom 19. April zu sehen bekommen, stammt demnach von gerade einmal zwei Hanseln, wie wir sie im Kontext ihres Werks beinahe nennen müssen.
Denn: Wie kann es sein, dass es zwei Franzosen und einem Musiker gelingt, in optischer Hinsicht selbst üppig finanzierte AAA-Titel mit Hunderten Beteiligten abzuhängen? Die Antwort darauf ist relativ einfach, aber vielschichtig. Arbeiten wir uns hier einmal von den augenscheinlich weniger imposanten Fakten zu den spannenden Details vor.
Die Tatsache, dass Unrecord mithilfe der leistungsfähigen Unreal Engine 5 entsteht, spielt bei der Grafik des Ego-Shooters eine größere Rolle, als man zunächst vielleicht meinen würde. Eine Kerntechnologie der UE 5 ist nämlich „Nanite“, eine Engine für virtualisierte Geometrie. Sie erlaubt es Entwicklern, hochdetailliertes Fotomaterial in Spiele zu importieren. Nanite kann außerdem fast jedes dreidimensionale Format verarbeiten, was den Einsatz von Ressourcen in Filmqualität ermöglicht. Es lässt sich demnach sagen: Wo die UE 5 ist, da ist der Fotorealismus nicht weit.
In puncto 3D-Modelle und Texturen halten es die Entwickler von Drama genauso wie zahllose andere „Devs“, und so stammen die allermeisten der in Unrecord verbauten Assets gar nicht von den Machern selbst. Vielmehr handelt es sich um Ressourcen, die Drama auf dem Unreal Engine Marketplace käuflich erworben hat. Oder anders gesagt: Die Jungs waren im Online-Laden von Epic Games shoppen.
Unter anderem legten sie übrigens dieses modulare Gebäude in den Einkaufswagen. Dabei handelt es sich um die Nachbildung eines verlassenen Zweistockhauses in Russland sowie „andere Elemente“. Weshalb dieser Einkauf übrigens nicht negativ zu bewerten ist, erläutern wir am Ende des Artikels.
Für Unrecords Erscheinungsbild spielt Dramas Shopping-Tour bei Epic insofern eine Rolle, als das letztgenannte US-Softwareunternehmen seit der Übernahme von Quixel über die weltgrößte Photogrammetrie-Bibliothek verfügt. Und die ist zumindest teilweise auf dem UEM verfügbar. Bei der Photogrammetrie geht es darum, ein fotografiertes Objekt anhand von bestimmten Messmethoden in drei Dimensionen zu rekonstruieren. In Unrecord läufst du gewissermaßen also durch eine dreidimensionale Fotogalerie.
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Unrecord sieht in Bewegung bemerkenswert gut aus, keine Frage. Betrachtet man sich den Polizei-Shooter dagegen auf statischen Bildern, zum Beispiel auf den Promo-Screenshots der Steam-Seite, wirkt das Ganze gleich ein gutes Stück künstlicher. Warum ist das so?
Nun, um dem menschlichen Gehirn eine virtuelle Szene als realistisch verkaufen zu können, ist es nötig, möglichst viele Ästhetiken und Parameter des realen Vorbilds zu adaptieren. Im Falle einer Bodycam benötigt es dafür jedoch viele Einzelbilder – sprich, Bewegung –, da sich etwa Kameraerschütterungen mittels eines einzigen Bildes nicht glaubhaft darstellen lassen.
Bei der Simulation der Körperkamera macht Unrecord einen vorbildlichen Job. Denn nicht nur verwackelt die Szenerie entsprechend der Bewegungen des Polizisten, sondern auch der Waffenrückstoß wird mit radialer Unschärfe, und starker Lichteinfall mit einer Art Belichtungskorrektur beantwortet. Dadurch wirken Unrecords Jagdszenen genau wie von einer echten Bodycam eingefangen, was bei unserer Realismusbewertung von entscheidender Bedeutung ist. Insoweit werden wir von Unrecord also vortrefflich getäuscht.
Um die annähernd fotorealistische Grafikpracht von Unrecord darstellen zu können, bedarf es entweder einer Killer-Grafikkarte oder eines schlauen Tricks. Weil das Spielen von Dramas Ego-Shooter laut der Franzosen aber keinen High-End-PC erfordern wird, gehen wir davon aus, dass eine komplexe Texturing-Methode zum Einsatz kommt, namentlich „Sparse Virtual Texturing“ (SVT).
Freilich haben wir bei den Entwicklern nachgefragt, ob Unrecords Bildgewalt SVT zugrundeliegt. In einer freundlichen Antwort teilte uns Drama Studios indes mit, dass man momentan keine Interviews gebe und verwies auf die öffentlich einsehbaren Informationen. Ob SVT in Unrecord also tatsächlich Anwendung findet, wird sich zeigen müssen.
Sparse Virtual Texturing ist ein aufwendiges, speicherplatzsparendes Verfahren, bei dem eine riesige Textur, die aus sämtlichen Objekt- und Umgebungstexturen eines Areals besteht, simuliert wird. Auf Basis eines Textur-Atlas werden dann die jeweils sichtbaren Bereiche des Gebiets wie benötigt texturiert, sodass man hier von einer Art Textur-Streaming sprechen kann.
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Zusammengefasst verdankt Unrecord seinen authentischen Look der UE 5, Epics Photogrammetrie-Bibliothek, mehreren exzellenten Realismus-Effekten und – vermutlich – dem Sparse Virtual Texturing. Aber wie ist es eigentlich mit Blick auf die verpönten „Asset-Flips“ zu bewerten, dass sich die Macher des narrativen Taktik-Shooters erwerbbarer Store-Assets bedienen?
Fest steht, dass der allgemeine Anspruch an aktuelle Videospiele so stark gestiegen ist, dass er besonders für kleine Indie-Studios längst den Bereich des Machbaren verlassen hat. Daher ist es völlig legitim, wenn unabhängige Entwickler ihrem Projekt durch Asset-Käufe zu einem Qualitätssprung verhelfen. Auch lässt sich auf diese Weise viel Arbeitszeit einsparen, was der Qualität des entstehenden Spiels zugute kommen kann.
Zeit ist bei der Spieleentwicklung ein kritischer Faktor, denn hier gilt in den meisten Fällen wirklich, dass Zeit Geld ist. Je länger sich ein Spiel nämlich in der Entstehung befindet, desto höher liegen die Ausgaben der Entwickler für Unkosten wie Miete, Strom und Angestelltengehälter. Logisch. Aber genauso wichtig ist, dass auch wir Spieler von Store-Assets profitieren. Für uns bedeutet das nämlich: mehr qualitativ gute Spiele in viel kürzerer Zeit.
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