Cheater sind in unzähligen Spielen heute förmlich an der Tagesordnung. Dies frustriert die ehrlichen Spieler natürlich zusehends. Viele meinen, dass beispielsweise Bohemia Interactive nichts gegen diese unternimmt. Dass dem nicht so ist, zeigte Eugen Harton (Associate Producer für DayZ), indem er am 16.03. auf der GDC in San Francisco einen Vortrag über den beständigen Kampf gegen die internationale Cheating-Szene hielt. Er sprach über das große Geld, Regelabonnements und Spione.
Es ist nicht einfach, an Informationen in dieser Thematik zu kommen. Denn die Skripter und deren Konsorten bleiben äußerst gerne unter sich. Durch intensive Nachforschungen hinter “den feindlichen Linien” ist es Eugen Harton jedoch gelungen, Zahlen und Fakten zu sammeln - und der Szene den Kampf anzusagen. Während es zahlreiche bekannte Internetseiten mit frei downloadbaren Cheats gibt, sind die Skripts, auf deren Lücken diese Gratis-Cheats basieren, oft recht zügig korrigiert. Die Gefahr und das große Geld befinden sich weitaus tiefer in der Szene. Diese haben mit der Spitze des Eisbergs oft nurnoch wenig zu tun. So existieren professionelle Gruppierungen innerhalb der Hackerszene, in denen einzelne Cheats – auch für DayZ – für bis zu $ 500(!) gehandelt werden. Darüber hinaus werden Abonnements angeboten. Diese sind für jene Spieler gedacht, welche zumindest einige Monate lang gegen die neuesten Sicherheitsupdates ankommen wollen. Die Buchungs-Modelle reichen im Schnitt von $ 1-$ 25 pro Monat, mit Beispielen wie $ 5 für The Division oder $ 18 für Counter Strike: Global Offensive.
Und dieses Angebot existiert nicht ohne Bedarf. So ergab Harton´s Nachforschung, dass einzelne Seiten bis zu $ 1,25 Millionen pro Jahr mit dem Verkauf von Cheat-Skripts umsetzen. Der Markt tut alles, um sich vor der Enttarnung zu schützen. So handeln die professionellen Hacker in abgeschirmten Foren - welche man ohne einen entsprechenden Ruf in der Szene nur äußerst schwer zu Gesicht bekommt. Einige der Foren bauen hier auf eine Idee, die vorsieht, nur auf Einladung eines bereits im Forum registrierten Benutzers dem Chatroom beizutreten. Die Hacker, Händler und ihre Kunden kennen sich persönlich und setzen bei neuen Mitgliedern auf ID-Checks, Skype-Telefonate oder andere Arten der Überprüfung.
Viele Spiele-Enthusiasten sind zumindest schon einem Cheater begegnet. Doch viele Bösewichte belassen es nicht bei den „Klassikern“ Aimbot, Wall- oder Speedhack. Cheater zielen auf ein mehr oder weniger Aufmerksamkeit erregendes „Spektakel“ ab. Fliegende Charaktere oder Teleportationen sind in vielen Videos zu finden. Normale Faustschläge werden manipuliert, sodass sie Explosivgeschosse feuern. Extrem “kreativ” waren hingegen Nutzer, die um sich herum, mithilfe einer Unmenge von Pfeilen, einen tödlichen Schild spawnen ließen. Neben solchen Showeffekten erscheint das bloße Töten aller Spieler auf dem Server mit einem Klick fast schon wieder bescheiden.
All diese Handlungen haben jedoch eines gemeinsam - sie rauben den Spaß am Spiel.
Bohemia Interactive hat das entstandene Feedback der DayZ-Community nicht ignoriert. In seinen Vorträgen spricht Eugen Harton über Methoden, die es erlauben, Cheater in DayZ – einmal enttarnt – permanent aus dem Verkehr zu ziehen. Von den über 3 Millionen verkauften Game-Lizenzen wurden nach seinen Angaben zum letzten Jahr bereits über 40.000 gesperrt. Diese permanente Sperrung begründete er dort bereits mit einer 76,1%-igen Rückfallquote seitens der Übeltäter. “Sie brechen eher das Spiel ab, als das Cheaten.“, so Eugen Harton.
Neben dem aktiv nach verdächtigen Skripts suchenden Schutz durch BattlEye AntiCheat und dem regelmäßigen Updaten der Sicherheits-Systeme setzt Bohemia zunehmend auf die Taktik der Offensive. Die Entwickler beginnen, mit selbst ausgewählten Hackern zusammenzuarbeiten, um Sicherheitslücken gezielt einzurichten - und darin eingedrungene, in die Falle getappte Cheats mit speziellen Funktionen zurückzuverfolgen (Anm.: hinein, in die weiten Welten des “Neulands”. 😉 ). Außerdem kaufen die Entwickler von Zeit zu Zeit Cheats von öffentlichen Websiten, um diese dann zu analysieren. Selbst die kleinen und privaten Hackercommunities werden laut Harton von Informanten infiltriert, die - einmal im engeren Kreis angekommen – die Entwickler laufend über verschiedenste Fortschritte informieren. Hierbei gehen die Entwickler so weit, russische und chinesische Staatsbürger zu kontaktieren und als Informanten anzuheuern.
Entdecken sie durch all diese Maßnahmen neue Sicherheitslücken in ihrem Code, denken die Entwickler dann nicht sofort an den plumpen Bann - vielmehr überlegen sie über das Schließen der Sicherheitslücke hinaus. Einmal bekannt, beobachten die Entwickler die gefundene Sicherheitslücke über einige Wochen und notieren sich jeden Nutzer, der diese verwendet, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Nach einiger Zeit werden dann all die gesammelten Spieler in einem Massenbann verurteilt.
„Man darf den Kampf auf keinen Fall persönlich nehmen.“ - Eugen Harton konnte bereits selbst erfahren, wie hart der Kampf gegen die Szene sein kann. So spricht er von Anfeindungen, die weit über die allgegenwärtige Hatespeech im Web hinausgehen - bis hin zu Morddrohungen. Als konkretes Beispiel nannte er auf der letzten GDC im August 2015 eine Crowdfunding-Kampagne, die einen Vertreter der Hacking Szene in eben seinen Vortrag über Cheating hineinbringen sollte. Das Fundraising-Goal wurde jedoch bei weitem verfehlt.
Trotz großem Einsatz und kleiner Erfolge geht der Kampf gegen die Cheater unaufhörlich weiter. Denn diese bleiben aktiv. Der ständige Kampf vom Großkonzern Valve gegen die Hacker in CS:GO ist hierbei nur ein Zeichen dafür, wie unmöglich es scheint, diesen endgültig zugunsten des Fairplays und Spielspaß für alle entscheiden zu können.
Ein wirklich sehr guter Artikel ! Ich selbst bin nur einmal Hackern begegnet, was mir eigentlich erst recht spät auf fiel. ^^
Gute Arbeit Tim! 🙂