In Taxi Life gilt es geschwätzige Fahrgäste durch ein todhübsches, virtuelles Barcelona zu kutschieren. Dabei macht die entspannende Fahrsimulation vieles richtig, doch aufgrund von Technikmacken ziehen über dem spanischen Paradies auch dunkle Wolken auf.
Simulationsspiele gibt es, wie wir alle wissen, wie gepfählte Körper in Soulslikes. Aber wie sieht es mit einer wirklich guten Taxi-Simulation inklusive Management-Elementen und Sightseeing aus? Tja, da gibt es bislang eigentlich nur einen echten Anwärter, und der heißt Taxi Life: A City Driving Simulator.
Die wohl größte Besonderheit des außergewöhnlichen Berufsspiels liegt in der detaillierten und optisch sehr eindrucksvollen Nachbildung Barcelonas. Doch Taxi Lifes Liebesbrief an die Weltkulturerbestadt ist nicht frei von technischen Mängeln, über die auch das recht anständige Fahrverhalten der Taxen nicht hinwegtrösten kann. Es folgt unser ausführliches Testfahrt-Resümee.
Mit dem Setting von Taxi Life: A City Driving Simulator haben die Entwickler von Simteract eine beachtliche Nachbauleistung vollbracht. Denn sie haben ihr digitales Barcelona nicht – wie so oft üblich bei Fahrsimulationen – in ein enges Maßstab-Korsett von 1:20 gequetscht, sondern im Originalverhältnis (1:1) umgesetzt.
Was nicht so erstaunlich wäre, sprächen wir hier über ein paar erbärmliche Häuserblocks, doch die Rede ist von ziemlich stattlichen 460 Kilometern. Wohlgemerkt ist zu Beginn von Taxi Life nicht das „komplette“ Barcelona verfügbar; die Stadt aus gotischen Gassen, palmengesäumten Schnellstraßen und Wahrzeichen wie dem Arc de Triomf muss quasi durch den Karrierefortschritt freigeschaltet werden.
Ansonsten heißt es jedoch allzeit freie Fahrt, was wir zu Lasten unserer Karosserie auch selbst ausprobiert haben. So lenkten wir unser Taxi, an den Straßensperren einer Parade vorbei, mitten ins Schnittgrün, um uns die Feierlichkeiten aus der Nähe anzusehen.
Und siehe da: Zufallsevents wie Unfälle, Bauarbeiten oder eben diese Parade finden nicht bloß auf der Karte statt. Die überraschend gut besuchte Veranstaltung aus Feiervolk und bizarren „Tanzwürsten“ erstreckte sich sogar über ein größeres Gebiet, wenn auch nicht ganz ohne geklonte Menschengruppen.
Für ein Spiel seiner Art verfügt Taxi Life über eine gut gefüllte und dynamische, lebendige Welt, deren Erkundung sich lohnt. Dafür sorgen natürlich bekannte Sehenswürdigkeiten wie die drei Betontürme, aber auch die Entdeckung von schicker Street Art beschert dem ans Taxi gebundenen Fahrer nützliche Erfahrungspunkte, die zum Stufenaufstieg führen.
Die so erhaltenen Skill-Punkte (einer je Stufe) können dann in einem Vorteilsbaum gegen einfache Perks eingetauscht werden. Unter anderem wird dadurch das Tanken billiger, ein Strafticket pro Tag wird annuliert, oder die Autowartung geht schneller vonstatten.
Aber zurück zu Barcelona: Dank eines angenehmen Tag-Nacht-Zyklus verfügt die Stadt über zwei Gesichter. So werden nach der Abenddämmerung nicht nur Straßenlaternen und Zimmerleuchten eingeschaltet, sondern auch manche Bauwerke hell angeleuchtet, was der Atmosphäre sehr zuträglich ist. Unter dem Strich bleiben beim Setting daher keine Wünsche offen; ein schönerer Ort zum Taxi fahren wäre wohl höchstens Gran Canaria.
Bei dem ganzen Drumherum wollen wir nicht vergessen, dass Taxi Life eine Taxi-Simulation ist. Somit geht es hauptsächlich darum, Kunden möglichst zügig und unfallfrei von A nach B zu befördern. Dazu stehen standesgemäß sieben verschiedene – wohl aus Lizenzgründen – Fantasie-Autos bereit, die jedoch realen Markenmodellen von BMW, Mercedes & Co nachempfunden sind.
Die Bandbreite reicht hier von Kombis über Limousinen bis hin zu einem E-Van; per DLCs kommen noch ein ultraschicker Oldtimer sowie weitere kosmetische Anpassungsmöglichkeiten hinzu. Ja, die Taxis können in einer der zahlreichen Garagen nicht nur aufgetankt, gewaschen und repariert, sondern auch in kleinem Rahmen optisch angepasst werden. Ein Tennisball auf der Gangschaltung, ein Quietscheentchen auf der Armatur, ein fetter Heckspoiler für die Brunftzeit? There you go.
Zum Fahrverhalten der Vehikel lässt sich sagen, dass die Entwickler Wert auf Realismus gelegt haben. Zwar manövrieren die Taxis zunächst wie Arcade-Flitzer aus der Sega-Spielhölle, doch es existieren Einstellungsmöglichkeiten zum Fahrverhalten, die selbst das altmodische Schalten mit Kupplung ermöglichen.
Freilich sprechen wir hier nicht über Optionen, die wie in Gran Turismo 7 bis zur Justierung des Spurwinkels reichen, aber wir waren durchaus zufrieden, denn letztlich fuhren alle Wagen unserem Gusto entsprechend. Einzig und allein das Verhalten der Stoßdämpfer ließ uns zuweilen zweifeln – besonders die Fahrbahnschwellen in der Innenstadt verursachten im Test ein übertrieben starkes Schaukeln.
Barcelona ist vollgestopft mit potenziellen Fahrgästen, manche davon haben besondere Anforderungen. Für einige Fahrten wird zum Beispiel ein großer Kofferraum benötigt, über den das Standard-Taxi nicht verfügt. Also muss ein weiteres Auto besorgt werden, das wir aus unseren Einnahmen finanzieren.
Ebenso variieren Schwierigkeit und Länge einer Fahrt, die im Spielverlauf allmählich zunehmen. Eine schwierigere Fahrt geht etwa durch die engen Gassen des gotischen Viertels, während auch der Fahrgast mit erhöhten Ansprüchen unsere Geduld auf die Probe stellt. Der eine möchte Radio hören, der andere erbittet eine eingeschaltete Klimaanlage und die ganz Verrückten verlangen, dass wir zwecks schnellerer Beförderung sämtliche Verkehrsregeln missachten, wofür unter Umständen Straftickets fällig werden.
Das alles ist gar nicht so leicht, zumal sämtliches Knöpfchendrücken im Auto manuell aus der Ego-Perspektive erledigt wird. Davon ab ist das Fahren aber aus mehreren Perspektiven möglich (Verfolgerkamera, Innenansicht, Motorhaubenansicht, Stoßstangenansicht). Der besondere Clou ist der, dass der eine oder andere Passagier ein Gespräch mit uns beginnt – und wir können (nicht müssen) auf die uns gestellten Fragen reagieren, was zum Glück via unkomplizierter Tasteneingaben geschieht.
Auch in diesem Bereich trägt Taxi Life dem Realismus insofern Rechnung, dass es in Gesprächen nicht direkt um Quantenphysik geht. Zu erwarten sind eher Fragen wie: „Mögen Sie ihren Job?“, „Wie lange fahren Sie schon Taxi?“ und „Wie gefällt Ihnen Barcelona?“. Die Vertonung der Dialoge ist annehmbar geraten und auch die deutsche Übersetzung der Texte ließ uns kaum den Rotstift ansetzen.
Womit Taxi Life: A City Driving Simulator zudem punkten will, ist die Möglichkeit, ein kleines Taxiunternehmen auf die Beine zu stellen. Diese Mechanik entpuppt sich jedoch eher als Beiwerk, da hier nicht wie in Euro Truck Simulator 2 zunächst eine Firmenzentrale zu kaufen ist, sondern das Unternehmen existiert von Beginn an – sozusagen als Briefkastenfirma.
Es sind durchaus nette Ansätze vorhanden, denn die Fahrer, die für die Autos in der eigenen Garage eingestellt werden können, verfügen über fühlbare Charakteristika, etwa „Faulpelz“, „Workaholic“ oder „Pannenfahrer“. Aber das war es im Wesentlichen auch schon, und so will sich das Gefühl von der großen Taxi-Karriere irgendwie nicht so recht einstellen.
Was den Personentransport im geschäftigen Barcelona nun gefährlich macht, sind die teils wesentlichen Technikmängel vor allem bei der KI. Fußgänger haben beispielsweise die Angewohnheit, innig miteinander zu verschmelzen und Zebrastreifen nur des Überquerens wegen zu überqueren. Soll heißen: Sobald sie die Straße überquert haben, laufen sie manchmal wieder zur anderen Seite zurück, wo sie dann mit etwas Pech am Bordstein hängenbleiben.
Noch schlimmer verhalten sich vereinzelt KI-Fahrer, die unserem Taxi gepflegt hintendrauf fahren, während wir vor einer Ampel auf grünes Licht warten. Das ist extrem ärgerlich, produziert dies schließlich teure Schäden am Auto. Außerdem wird Barcelona bereichsweise zur Cyberpunk-Stadt, wenn plötzlich einzelne PKWs durch luftige Höhen zischen. Nicht nur infolge von Unfällen, wohlgemerkt.
Hier muss also dringend nachgebessert werden – und das wird es angekündigtermaßen auch. Da wir Vertrauen darin haben, dass Simteract seine Herzensangelegenheit Taxi Life in Kürze „gesundpatchen“ wird, verzichten wir auf eine empfindliche Abwertung. Trotzdem werden wir die weitere Entwicklung des Titels natürlich im Auge behalten.
Taxi Life beeindruckt mit viel Liebe zum Detail bei dem strahlenden Barcelona-Setting und auch bei den Taxen. Das einstellbare Fahrverhalten sorgt für ein angenehmes Fahrerlebnis, auch wenn die Stoßdämpfer derzeit arg empfindlich reagieren.
Während die Unternehmensmechanik eher eine Nebenrolle spielt, tut sich die Simulation durch interessante „Sammelobjekte“ – Sehenswürdigkeiten – stark hervor, während auch die Zufallsevents auf den Straßen überzeugen. Doch die Version 1.0 ist noch durchzogen von Technik- und KI-Mängeln, die Entwickler Simteract laut eigener Aussage derzeit überprüft und behebt.
Sobald diese ausgeräumt sein werden, darf sich Taxi Life reinen Gewissens als die beste Taxi-Simulation auf dem Markt bezeichnen. Wir gehen davon aus, dass dies binnen der nächsten Tage geschehen wird.
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In Taxi Life gilt es geschwätzige Fahrgäste durch ein todhübsches Barcelona zu kutschieren. Leider trüben aber noch Technikmacken den Traumjob.